Dienstag, 29. Juni 2021

[ #Hohenems ] Balneum Emsianum: Die Badeordnung des Hohenemser Schwefelbades von 1678 digitalisiert online

1965 wurde das Hohenemser "Schwefelbad", das "Balneum Emsianum" (balneum, lat. = Bad, Badeanstalt, Badeort) geschlossen, die Quelle durch einen Parkplatz verschüttet. 

Dabei bestand das Schwefelbad über ein halbes Jahrtausend und galt als frühe Einrichtung des "Vorarlberger" Fremdenverkehrs. Eine 23seitige Broschüre aus dem Jahre 1678  - gedruckt bei der Hohenemser Druckerei Bartholomäus Schnell (der Jüngere) steht digitalisiert bei der Österreichischen Nationalbibliothek online.

Schwefelquelle. Die Hohenemser Schwefelquelle, etwa 2 km nördlich des Ortskernes besteht mindestens seit 1430. Es erfreute sich bereits im 15. Jahrhundert und ganze 500 Jahrhunderte lang  bis zum Ende des 19. Jahrhunderts großer Beliebtheit.
(1489) ... belehnt Hans von Ems als Ältesten für sich, seine Brüder und Vettern, nachdem frühere Briefe verlegt worden sind, aufs Neue mit der alten Ems, dem Vorhof im Flecken zu Ems samt allen dazugehörigen Freiheiten und Rechten, mit dem Blutbann in Ems und Dornbirn, mit der Neuen Burg zu Ems in der Reute, dem Burgstall Glopper und 60 Pfund Heller jährlicher Gült von der genannten Reute als rechtem Burglehen, mit den Silber- und Bleierzen nebst Bergwerken bei Ems, dem Schwefelbad zu Ems, den Schildhuben im Bregenzerwald sowie mit allen Gnaden, Freiheiten, Gerichten, Zwingen, Bännen, Buschen, "Gejaiden", Mühlen, Mühlstätten, Fischenzen, Hölzern, Nutzen und Zugehören, welche sie vom Reich zu Lehen haben, und trägt ihm auf, bis nächsten Laurentiustag dem Grafen Konrad von Tübingen für ihn und das Reich die vorgeschriebenen Gelübde und Eide zu leisten.
Textilindustrie. Der aus der jüdischen Hohenemser Community stammende Stoffhändler Josef Levi kaufte das Bad um 1800 für die Errichtung einer Baumwollspinnerei und gab mit dieser rund 40 Arbeitnehmern Brot und Arbeit. Das ursprüngliche Badhaus musste damit zwar 1841 einer Baumwollspinnerei weichen, gleichzeitig wurde aber ein neues Badhaus errichtet. Seit 1813 nannte sich Levi Rosenthal. Seine Söhne Philipp (1801–1859) und Josef Rosenthal (1805–1862), begründeten die Firma 'Gebrüder Rosenthal'. Sie galten als humane Fabrikherren, vor allem war anerkannt, dass sie praktisch nur nichtjüdische Fabrikarbeiterinnen und Fabrikarbeiter beschäftigten. Damit beginnt eine Hohenemser Industriegeschichte, die erst mit der Firma Otten ihren Ausgang fand.

Fremdenverkehr. Das Schwefelbad wurde schon unter den Grafen von Ems als eine "Fremdenverkehrsinitiative" und Geldquelle verstanden. Dafür spricht auch die erwähnte Badeordnung. Das Schwefelwasser wurde ursprünglich in einem Heizhaus erwärmt und dann von Frauen ("Badschütterinnen") in Kübeln in die Badekabinen getragen und in die hölzernen Badewannen geschüttet.

Das "Handbuch der Statistik der europäischen Staaten: Zum Gebrauche bei Vorlesungen und zur Selbstbelehrung, Band 2" aus dem Jahre 1811 erwähnt das Schwefelbad mit folgenden Worten: "In Schwaben nimmt sich besonders das Schwefelbad in dem Flecken Hohenems durch seine Güte aus". Und von dem Bad in Hohenems - wie ganz Vorarlberg damals bairisch - heißt es: "Bei der großen Zahl heilsamer Bäder hat das Königreich (Baiern) doch nur zwei: diejenigen zu Gastein im Salzburgischen, und zu Hohenems, welche auswärtige Badegäste in größerer Zahl an sich ziehen, und dadurch fremdes Geld in das Land bringen."

Den Badekuren wurde nachgesagt, dass sie Rheuma und Hautkrankheiten heilen und das Quellwasser wird auch getrunken und nicht nur äußerlich oder Badekuren angewendet. Die akratische Schwefelquelle (akratisch: mineralarme Quelle mit Gesamtmineralisation < 1 g/kg Wasser) die mit einer gleichbleibenden Temperatur von 15,6 °C einen Schwefelgehalt von 10,66 mg/l lieferte wurde in den 1990er-Jahren beim Ausbau eines Parkplatzes verschüttet.

Erste Brauerei. Schon 1788 wurde durch Alex Konrad Mayer auch auf eine besondere "innere Anwendung" geachtet. Er gründete im (Gasthof) Schwefelbad die erste Hohenemser Brauerei.

Erste Druckerei. Die Gründung der ersten Buchdruckerei Vorarlbergs durch Bartholomäus Schnell 1616 unter Graf Kaspar von Hohenems ist ebenfalls ein Hohenemser Spezifikum. Daher erfreulich, dass die gegenständliche Publikation auch ausgerechnet dort gedruckt wurde und somit ein weiteres Dokument Hohenemser Wirtschafts- und Kulturgeschichte ist.


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