Dienstag, 30. Mai 2023

[ #Bregenzerwald ] Vorarlberger Flysch - Ein Stück Afrika in Vorarlberg

Skizze aus dem Feldtagebuch von Michael Vacek (1848-1925), die er anlässlich seiner Begehungen der Glarner Alpen in den Jahren 1880 und 1881 angefertigt hatte.
© Geologische Bundesanstalt (GBA) - Fachabteilung Zentralarchiv

Der Aufsatz von Michael Vacek (28.9.1848 - 6.2.1925) "Ueber vorarlberger Kreide" aus dem Jahre 1879 steht als PDF online.

Die Kreidezeit (vor etwa 140 - 65 Mio. Jahren) markiert die Entstehung der Alpen. Es ist der Beginn des Nordwärtsdrängens der Afrikanischen Platte Richtung der Eurasischen Platte und der Einengung des Tethysmeeres. In mehreren Schüben werden unterschiedliche Schichten durch den Druck der Platten übereinander geschoben, Faltungen und Deckenüberschiebungen entstehen während die Meeressedimente aus dem Wasser herausgehoben werden.

Vorarlberger Flysch - Ein Stück Afrika im Bregenzerwald. Die Flyschzone gehört zur penninischen Zone der Alpen. Das Penninikum ist eine der geologischen Haupteinheiten der Alpen. Seine Gesteine gehörten zum größeren Teil dem Ablagerungsraum der Tethys an, dessen Nordwestzipfel im Jura  zwischen der europäischen Kontinentalkruste und der zum afrikanischen Kontinent gerechneten Apulischen Kontinentalplatte lag. Bei der Alpenfaltung wurden die Gesteine des Penninikums zusammen geschoben und weit nach Norden und Westen auf den europäischen Kontinentalrand überschoben. Die penninische Flyschzone zieht sich als schmaler Saum vom Wienerwald über Niederösterreich, Oberösterreich Salzburg und Bayern bis nach Vorarlberg. Die Flyschzone ist an ihrem Westende ihres hauptsächlichen Verbreitungsgebiets am meisten ausgeprägt und bildet dort den Bregenzerwald.

Die Alpen entstehen. Während der Kreidezeit trennte der sogenannte Penninische Ozean Afrika im Süden (zu der auch die Austroalpine Mikroplatte gehörte) von Europa im Norden. Ab der höheren Kreidezeit wurde die Afrikanische Kontinentalplatte nach Norden verschoben und engte das Ozeanbecken Schritt für Schritt ein. Die Gesteine der beiden Küsten und am Beckenboden wurden verfaltet, deckenartig übereinandergeschoben und damit der grandiose Gebirgszug der Alpen aufgerichtet.

Entstanden ist der Flysch in der Kreidezeit aus dem den bereits aufsteigenden Alpen vorgelagerten Meeresbecken. Hauptsächliche Bestandteile sind Mergel, Tonschiefer und Sandstein. In dieser Gegend gibt es wegen der Beschaffenheit des Bodens Probleme mit häufig vorkommenden Rutschungen, daher rührt auch der Name der Zone (schwyzerdütsch „flyschen“ heißt „fließen“).

Flysch kommt während und unmittelbar vor gebirgsbildenden Prozessen zur Ablagerung und ist also das erodierte Material der sich bildenden Gebirgskette. Der Großteil der Sedimentgesteine der Alpen wurden an den Küsten und am Boden von ehemligen Ozeanen abgelagert. So auch das Flysch-Gestein.

Michael Vacek (28.9.1848 - 6.2.1925). Michael Vacek - der spätere Vizedirektors der k. k. Geologischen Reichsanstalt - gehörte jenem noch kleinen Kreise von Geologen an, die um 1870 vor die Aufgabe gestellt wurden, große nur in flüchtigen Umrissen bekannte Gebiete in weit genauerer Weise zu untersuchen und auf Grundlage der damals erst neu geschaffenen Spezialkarte 1:75.000 kartographisch darzustellen. Der Erkundung standen keine Satelliten zur Verfügung, vielmehr musste der Wissenschafter die geologischen Verhältnisse selber zu Fuß "erwandern". 

Im April des Jahres 1875 wurde Vacek als Assistent für das Museum der k. k. Geologischen Reichsanstalt angestellt. Schon als Musealassistent hat er sich mit den geologischen und tektonischen Verhältnissen in der Umgebung von Hohenems beschäftigt und hierüber schon in den "Verhandlungen 1875", also im Jahre seiner Anstellung an der Reichsanstalt, berichtet. Die Studien in der Vorarlberger Kreide wurden im nächsten Sommer zum Abschluß gebracht.

Vaceks Dienst als Musealassistent war aber nur von kurzer Dauer, da er schon im Jahre 1875 mit der Aufsammlung von Fossilresten in Vorarlberg betraut wurde, dort ihm alsbald auch geologischen Studien oblagen und schon im nächsten Jahre zu den Feldaufnahmen herangezogen wurde.

Er dehnte seine und seiner Kollegen Arbeit über immer weitere Räume aus und konnte so einen großen Teil der österreichischen Alpen per pedes kennenlernen. Vom Bodensee bis an den Rand der pannonischen Ebene, vom Gardasee bis an die Vorarlberger Flyschzone hat er kartiert und alle hier vertretenen Formationen bearbeitet.

Im Jahre 1900 setzte die Neuaufnahme von Vorarlberg ein, und zwar zunächst im südlichen kristallinischen Anteil, nämlich in der Silvrettagruppe. In den Jahren 1900 bis 1915 sehen wir ihn fortwährend mit Vorarlberger Gebiet befasst. Und zwar 1904 mit der Davennagruppe, 1905 mit dem Großen Walsertal bis zur Flyschgrenze, 1906 mit dem Rhätikon, 1907 mit Liechtenstein, 1908 mit der Südseite des Rhätikons und der Scesaplana, 1909 mit der Falknißgruppe, dem Fläscherberg und dem Prättigau, 1910 mit der Gegend von Feldkirch und Hohenems, 1911 mit dem Kreidegebiet im Norden, 1912 mit der Flysch- und Molassezone, 1913 mit dem Kleinen Walsertal und 1914 mit dem Abschluß der Vorarlberger Aufnahmen.

Beinahe wäre er in Vorarlberg auch verunglückt: Noch im Kriegsjahre 1916 unternahm der schon betagte Geologe einige Revisionen an der Scesaplana und an der Valluga im Arlberggebiet, wo ihm infolge Abgleitens auf einem Schneefeld fast ein schwerer Unfall zugestoßen wäre.


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