Donnerstag, 3. November 2022

[ #Vorarlberg ] Der Dreißigjährige Krieg: Die Schweden in Vorarlberg


Den europäischen Kontext zum "Schwedeneinfall in Vorarlberg" bildete der in seine letzte Phase (1635-1648) gekommene 30jährige Krieg, der Hegemoniekampf zwischen den erzkatholischen Herrschern von Spanien und Frankreich. Der Krieg war also längst keine religöse Auseinandersetzung mehr, sondern eine Auseinandersetzung um Macht und Einfluss in Europa und der (kolonialen) Welt. 

Noch im Jahr vor dem Westfälischen Frieden, im Jänner 1647 waren die Schweden als Besatzer nach Vorarlberg gekommen. Nicht ohne Grund, denn Kirche und Adel aus dem süddeutschen Raum hatten schon reichlich Vermögen in Vorarlberg in Sicherheit gebracht.

Der schwedische Oberbefehlshaber Carl Gustav Wrangel marschierte am  4. Januar 1647 in Bregenz ein und ließ im folgenden Vorarlberg plündern. Der Wert der Beute sei enorm gewesen. Die Sage vom Goldenen Kegelspiel in Hohenems deutet ja eben auch darauf hin. Die Besatzung und der Raubzug waren jedoch nur von kurzer Dauer. Weniger wegen der Wehrhaftigkeit der Vorarlberger, sondern der allgemeinen Kriegsmüdigkeit. Schon am 18. Februar 1647 wurde in Osnabrück der kaiserlich-schwedische Vorvertrag zum Westfälischen Frieden unterzeichnet. Bevor sich die Schweden allerdings wieder aus Vorarlberg zurückzogen, sprengten sie das Schloss Hohenbregenz.

Das goldene Kegelspiel vom Hohenemser Schlossberg. Die Niederlage gegen die protestantischen Schweden wurde von der katholischen Gegenreformation in einer Sage verbrämt. Die an sich verständliche Übermacht der Schweden konnte dort nur durch Verrat siegen.

Es entstand die Sage vom „Goldenen Kegelspiel“ und dem Klushund. Ein "Verräter" soll dem schwedischen General Wrangel und seinen Leuten den Weg über den Pfänder gezeigt haben, damit die Stadt vom Berg her eingenommen werden konnte. Der schwedische General Wrangel habe dem Verräter für seine Tat das goldene Kegelspiel vom Hohenemser Schlossberg versprochen. Der Sage nach muss nun dieser  für seine Freveltat ewig als dämonische Tiergestalt, als großer schwarzer Hund mit tellergroßen leuchtenden Augen auf der ehemaligen Römerstraße am Bergrand von Norden nach Süden durchs Land laufen. Eine Begegnung mit dem bedrohlichen Untier bringt in den Sagen Krankheit, Leid oder Plage.

Die Sage von der Schlacht an der Roten Egg.  Die andere Schwedensage klingt zu schön nach Emanzipation und ist doch nichts als ein "Text aus der österreichischen katholischen Volksfrömmigkeit", nach der es aber ebenso fromm schien die protestantischen Schweden von Frauen so massakrieren zu lassen, dass sich die Egg rot färbte. Wehrhafte Bregenzerwälderinnen sollen danach Ende des Dreißigjähriges Krieges in der später benannten Schlacht "an der Roten Egg" in weißen Juppen feindliche Schweden vertrieben haben. Angeblich hielten die Gegner die weiß gekleideten Frauen für himmlische Wesen. Den Frauen erschien die erfolgreiche Vertreibung im Nachhinein als göttliches Wunder und die gelobten, "zum Danke die weißen Kleider abzulegen und gegen dunklere umzutauschen". Die Sage verweist vermutlich auf die naturfarbenen Gewänder der Bregenzerwälderinnen, Vorläufer der weißen Baumwolljuppe.

Wilhelm Raabe: Der Marsch nach Hause. Wilhelm Raabe (1831-1910), norddeutscher Zeitgenosse von Franz Michael Felder,  berühmter Schriftsteller des deutschen Realismus und scharfer Zeitkritiker, hat in seiner historischen Erzählung „Der Marsch nach Hause” (1870)  die Sage von der Schlacht an der roten Egg verarbeitet. Er erzählt darin die Geschichte  zweier schwedischer Soldaten im 30jährigen Krieg: Einer davon, Sven Knudson Knäckabröd, wird in der Schlacht an der Roten Egg Kriegsgefangener der Taubenwirtin Fortunata Madlener in Alberschwende; nach 26 Jahren bricht er wieder nach Norden auf. Raabe schrieb diese Novelle 1869 nach einer Durchreise durch Vorarlberg und das Bodenseegebiet.  Eine Geschichte von neu gefundener Heimat, Frieden und Auskommen, der Verführung durch patriotische Wahnbilder, einer törichten Flucht aus dem „Paradies”, dem Suchen und Finden der alten Heimat, der bitteren Enttäuschung von derselben und schließlich reumütiger Heimkehr.


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