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Freitag, 28. Juli 2023

[ #Feldkirch ] Vom Wandern und vom Ankommen. Biografische Reportagen aus Vorarlberger Dörfern - Altach, Tosters, Mäder


[Free eBook] Werner Bundschuh hat in sechs Jahren Dutzende von lebensgeschichtlichen Interviews mit Frauen und Männern geführt, die in Vorarlberger Dörfer zugewandert sind - aus dem übrigen Österreich, als Umsiedler und Vertriebene während und nach dem Zweiten Weltkrieg, oder als Arbeitsauswanderer aus Ex-Jugoslawien und der Türkei.

Biografische Reportagen aus Vorarlberger Dörfern - Altach, Tosters, Mäder. Werner Bundschuh hat mit biographischen Reportagen aus Vorarlberger Dörfern einen neuen Weg eingeschlagen. Er erzählt die Migrationsgeschichte aus der Innenperspektive der Zuwanderer. Dabei kommen nicht nur die "üblichen" Migrantengruppen (Türken, Jugoslawen) zur Sprache, sondern (fast) das gesamte Spektrum, das in der Wirklichkeit aus den Vorarlbergern ein Patchwork von Zugewanderten macht. 

Werner Bundschuh hat Dutzende von lebensgeschichtlichen Interviews mit Frauen und Männern geführt, die in Vorarlberger Dörfer zugewandert sind - aus dem übrigen Österreich, als Umsiedler und Vertriebene während und nach dem Zweiten Weltkrieg, oder als Arbeitsauswanderer aus Ex-Jugoslawien und der Türkei. Geplant waren die Interviews ursprünglich als Beiträge für Heimatbücher der Gemeinden Altach, Mäder und Tosters - herausgekommen ist ein faszinierendes Panorama der jüngeren Zuwanderungsgeschichte Vorarlbergs. Kurt Greussing setzt sich in seinem Vorwort mit grundsätzlichen Fragen der Arbeitsmigration in Vorarlberg auseinander.

Die Geschichte der Arbeitsmigration nach Vorarlberg in Gestalt biografischer Reportagen: Das ist ein neuer, ungewöhnlicher - und spannend zu lesender - Zugang zu einem Thema, das noch lange nicht Geschichte ist.

Verlagsinformation. Werner Bundschuh: Vom Wandern und vom Ankommen. Biografische Reportagen aus Vorarlberger Dörfern - Altach, Tosters, Mäder - Studien zur Geschichte und Gesellschaft Vorarlbergs, Band 16. Bregenz 2004, ISBN 3-900754-27-6, € 12,90

Malin-Gesellschaft. Die Johann-August-Malin-Gesellschaft widmet sich der Erforschung der Vorarlberger Zeitgeschichte, und hier besonders ihren lange vernachlässigten Themen wie Antisemitismus, Austrofaschismus und Nationalsozialismus. Sie bringt sich auch in öffentliche Debatten zu diesen Fragen ein. Diese Publikation und ihre freundliche kostenfreie Online-Stellung ist ein Teil dieser auch sonst beachtenswerten Tätigkeit.

Autor. Bundschuh Werner, Prof. Dr. MAS. Geb. 1951, 1971–1976 Lehramtsstudium Deutsch und Geschichte in Innsbruck, seit 1975 Unterricht am Bundesgymnasium in Dornbirn. 1987 Abschluss des Doktoratstudiums in Geschichte, 2000 Erwerb des Master-Grades. Seit 1982 Lehrbeauftragter am Eurostudienzentrum, ehemaliger Obmann der VLI (Vorarlberger Lehrerinitiative), derzeit Obmann der Johann-August-Malin-Gesellschaft, Verein zur Erforschung der Vorarlberger Geschichte. Diverse Publikationen zur Regional- und Landesgeschichte mit Schwerpunkt Zeitgeschichte.

Inhalt
Vorwort (Kurt Greussing)
Wie wird man fremd in Vorarlberg - und wie bleibt man es so lange?
Altach
"Fremd fühlte man sich zunächst schon"
Tosters
"Zunächst hat man uns angeschaut, als wären wir bunte Hunde"
Mäder
"Dass ich in Mäder landen werde..."
Dorfgeschichte als Geschichte von Zuwanderern
Literaturauswahl
Orts- und Herkunftsregister
Personenregister 

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Donnerstag, 6. Juli 2023

[ #Feldkirch ] Ein Tod bei Feldkirch: Hilde Monte-Olday

Auf dem Rückweg in die Schweiz läuft Hilde Monte (Meisel) einem Grenzpolizisten in die Hände, der nach einem Fluchtversuch auf sie schießt. 

An den Folgen des Schusses in den Oberschenkel verblutet sie noch am Ort, in der Nähe von Feldkirch, an der Grenze zu Liechtenstein. Erst zwei Jahre später wurde die Identität der Toten geklärt - und damit das Ende eines Lebens, das so mutig und zielstrebig wie wenig andere geführt worden war, zumal im Kampf gegen den Nationalsozialismus. Ihre Grabstätte befindet sich auf dem evangelischen Friedhof in Feldkirch, es ist die einzige Gedenkstätte für Hilde Monte-Olday (31.7.1914 - 17.4.1945).

Malin-Gesellschaft. Die Johann-August-Malin-Gesellschaft widmet sich der Erforschung der Vorarlberger Zeitgeschichte, und hier besonders ihren lange vernachlässigten Themen wie Antisemitismus, Austrofaschismus und Nationalsozialismus. Die Website bietet u.a. das "Lexikon Verfolgung und Widerstand in Vorarlberg 1933-1945" und (inzwischen oft vergriffenen) Buchveröffentlichung der Malin-Gesellschaft, sowie Begleittexte zu sozialgeschichtlichen Ausstellungen oder Beteiligungen an öffentlichen Debatten. Sie bringt sich auch in öffentliche Debatten zu diesen Fragen ein. Diese Publikation (Angelika Rosina Kuntner: Ein Tod bei Feldkirch) und ihre freundliche kostenfreie Onlinestellung ist ein Teil dieser auch sonst beachtenswerten Tätigkeit.


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Sonntag, 11. Juni 2023

[ #Vorarlberg ] Mythos "Alpenfestung" in Vorarlberg


Am 20. Februar 1945, verbreitete der amerikanische Geheimdienst OSS einen Agentenbericht, in dem es hieß, dass "the Nazis [were] undoubtedly preparing a bitter fight from the mountain reduit."

Schon im November 1944 hatte der NS-Gauleiter Hofer in einem Memorandum an Adolf Hitler vorgeschlagen, ein Kerngebiet in den Alpen zur letzten Bastion des Reiches, zur Alpenfestung, auszubauen. Unter anderem war geplant, eine große Zahl englischer und amerikanischer Kriegsgefangener zusammenzuziehen, um alliierte Bombardements zu verhindern (tatsächlich wurden am 30. April 1945 prominente KZ-Häftlinge am Pragser Wildsee in Südtirol zu diesem Zweck inhaftiert).

Freilich hielten die deutschen Militärs nichts davon, sich in die unwirtlichen Berge ohne Waffenproduktion und sonstige Ressourcen zurückzuziehen und die deutschen Militärs hatten Europa nicht erst verwüstet um dann als Widerstandskämpfer sich in den Bergen zu kasteien. Der NS-Gauleiter für Tirol-Vorarlberg Franz Hofer wurde jedenfalls erst am 12. April 1945 zum Vortrag in den Berliner Führerbunker geladen wurde. Hitler – 18 Tage vor seinem Suizid noch immer vom Endsieg labernd – billigte dort angeblich Hofers Vorschlag und ernannte ihn einen Tag vor seinem Tod am 29. April 1945 zum Reichsverteidigungskommissar der Alpenfestung.

Immerhin hatte sich Mitte Februar 1945 der Mythos "Alpenfestung" so weit verfestigt, dass Allen Dulles, Leiter des OSS-Bern, eine "Alpenfestung"  als sehr realistisch einschätzte: "It seems generally accepted now that a delayed defense fortress will lie in the Bavarian and Austrian Alps".

OSS (Office of Strategic Services) war der geheime militärische und politische Auslandsnachrichtendienst der USA mit Sitz in Washington. Offiziell 1942 gegründet arbeitete er eng mit den Briten zusammen und beschäftigte sich neben der Informationsbeschaffung unter anderem mit der Spionageabwehr, psychologischen Kriegsführung und der Unterstützung von Widerstandsgruppen. Das OSS-Hauptquartier in Europa war in London angesiedelt, wobei wichtige Stützpunkte in US-Botschaften verschiedener Länder eingerichtet wurden. Die OSS-Außenstelle in Bern, unter der Leitung von Allen Dulles, war dabei ein zentraler Dreh- und Angelpunkt in Bezug auf Nazideutschland und den besetzten Gebieten. Das OSS wurde 1945 offiziell aufgelöst und 1947 mit vielen ehemaligen Mitarbeitern als Central Intelligence Agency (CIA) neu gegründet.

Bomben auf Feldkirch - Festungslinie Imst-Bludenz. Aus einem Bericht des amerikanischen OSS-Geheimdienstes aus Bern geht schon im Oktober 1943 eine Organisation einer Alpenfestung just zwischen dem strategisch unwichtigen und wohl nur für Schifahrer wichtigen Gebiet zwischen Imst und Bludenz hervor: "Beginning last month, defense construction has been under way in valleys of the Austrian Tyrol, to the southward of a line between Imst and Bludenz. This work is being carried on by the Todt organization."

In dieses Bild passen auch die allierten Bomben auf Feldkirch am 1. Oktober 43. Die Flugzeuge kreisten in der Mittagszeit eine Zeit lang in der Gegend, bevor sie die Bomben warfen. Die Bevölkerung beobachtete teilweise die Flieger neugierig und war völlig überrascht. Im Stiegenhaus des getroffenen Lazaretts wurde eben ein Luftschutz-Appell abgehalten, als die Bomben mit verheeerender Wirkung einschlugen. Im ganzen wurden 171 Personen, darunter 92 Wehrmachtsangehörige getötet.

Die Organisation Todt (OT) war eine nach militärischem Vorbild organisierte Bautruppe, die den Namen ihres Führers Fritz Todt trug. Die 1938 gegründete Organisation unterstand ab März 1940 dem Reichsminister für Bewaffnung und Munition (RMfBM sowie dem Nachfolgeministerium). 1942 wurde Albert Speer zum neuen Führer der OT ernannt. Sie wurde vor allem für Baumaßnahmen in den von Deutschland besetzten Gebieten eingesetzt. Sie war straff hierarchisch organisiert und die Arbeiter waren uniformiert.  In der Organisation kamen auch Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge zum Einsatz.

Bregenz Dornbirn, Bludenz. Mitte April 1945 berichtete dann der Geheimdienst, dass österreichische Widerstandskämpfer die Hauptverkehrslinien von Innsbruck nach München und Salzburg gesprengt hätten und die Alpenfestung einen ganzen Tag von dem "Restösterreich" abgeschnitten gewesen wären.  Besorgt war man auch wegen  einer Aufstockung der Führerbegleitbrigade in Berchtesgaden auf 4.000 Mann und von Material-, Waffen- und Nahrungsmittellieferungen größeren Umfangs, die täglich in Bregenz, Dornbirn und Bludenz eintrafen. Auch aus Salzburg, Berchtesgaden und anderen Teilen der Rückzugsregion "Alpenfestung"  meldete man verdächtige Lieferungen.

Der Reichsstatthalter und Gauleiter Hofer hatte noch am 30. April 1945 großspurig angekündigt, seinen Wehrkreis zu einer „Alpenfestung“ auszubauen. In Vorarlberg werden noch alte Verteidigungslinien notdürftig befestigt: an der Bregenzer Klause, am Kummenberg, bei Feldkirch, bei Nüziders, im Klostertal. Von einer Alpenfestung kann allerdings keine Rede sein. Die militärische Organisation ist chaotisch. Die Soldaten der Garnisonen Bregenz und Bludenz und Ersatzkompanienaus Landeck warten darauf, die Waffen zu strecken.  Die Reste der 24. deutschen Armee flüchten vor den Franzosen. Freilich wüten noch vier Kompanien Waffen-SS als feige Mordsbuben unter der Bevölkerung, wenn sich diese wagt, die weiße Fahne zu früh zu hissen.

Die Alpenfestung blieb ein Phantom, eine Durchhaltepropaganda der Nazis oder auch nur eine Wichtigmacherei von Möchtegern-Agenten. Bereits am 6. Mai 1945 wurde NS-Gauleiter Hofer von der US-Armee in Hall in Tirol verhaftet und in einem Internierungslager inhaftiert.


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Dienstag, 25. April 2023

[ #Vorarlberg ] Die Vorarlberger Wappen in der Wiener Votivkirche


Die Votivkirche wurde als Dank für ein misslungenes Messer-Attentat (18. Februar 1853) während eines Spazierganges auf Kaiser Franz Joseph I. erbaut und am 24. April 1879 anläßlich der silbernen Hochzeit des Kaiserpaares Franz Josef und Elisabeth "Sisi" eingeweiht. 


Der Attentäter Janos Libènyi hingegen wurde schon acht Tage nach dem gescheiterten Messerattentat bei der Spinnerin am Kreuz unter den Blicken zahlreicher Schaulustiger hingerichtet. Zu den damals gehandelten Verschwörungstheorien (Ungarn) halten sich auch hartnäckig   eher triviale Grund für das Attentat des jungen ungarischen Schneidergesellen, dass nämlich der Kaiser bekanntermaßen seinen weiblichen Bediensteten nachstellte und die Schwester des ungarischen Schneiders entehrt habe.


Errettung. Wie auch immer: Die “Votivkirche” weist auf den Anlass des Baues hin. Votivgaben sind aufgrund eines Gelübdes (votum) als symbolisches Opfer insbesondere für die Rettung aus einer Notlage und häufig an einer kultischen Stätte dargebrachte Gegenstände. Zu Ehren des Kaisers Rettung bat nun sein Bruder, Erzherzog Ferdinand Maximilian, der spätere Kaiser Maximilian von Mexiko, um Spenden der Bevölkerung um eine neue Kirche zu erbauen.  Die Spenden für diese österreichische Walhalla kamen aber aus den Kronländern der Monarchie nur sehr spärlich, so dass sich auch der Bau länger als gewünscht hinzog und erst anlässlich der Silberhochzeit des Kaiserpaares, am 24. April 1879 geweiht werden konnte.  Diese Kirche sollte Propaganda für die Bedeutung von Monarchie und der (gegenreformatorischen konservativen) katholischen  Kirche als einigendes Band des Vielvölkerstaates symbolisieren. In einem multikulturellen Staatsgebilde kaum ein weitblickendes Unternehmen. Immerhin hatte die göttliche Errettung des Kaiser dessen öffentliches Ansehen wieder verbessert.


Dynastie + Katholizismus. Die programmatische Vereinigung von Dynastie und Katholizismus findet in der zentralen Ehrung des  Grafen Niklas von Salm (1459 –1530) als gleichsam in der Verteidigung Wiens gegen die Türken ("Erste Türkenbelagerung") gefallenen Mannes in diesen Walhalla-Plänen ihren Ausdruck. 1878 wurden die Grabplatte und der  Sarkophag in die Votivkirche überführt.  Dabei gab es sichtlich auch einen Bezug zur Walhalla in Donaustauf (Bayern), welche auf Veranlassung des bayerischen Königs Ludwigs I. geschaffen worden war. Der Märchenschloss-Verstand des Ludwig II. von Bayern, ein Cousin der Kaisergattin "Sisi", wurde zur Entscheidung über den Ausschreibungsgewinner aus den 75 eingereichten Projekten für die  Votivkirche beigezogen.


Ismail Pascha. Dass die politische Botschaft an die Untertanen und die politische Praxis weit auseinanderklafften wird allerdings daran deutlich, das Ismail Pascha, bekannter als "Ismail der Prächtige" von 1863–1879 osmanischer Vizekönig von Ägypten "prächtige Stücke" ägyptischen Alabasters aus den Steinbrüchen von Beni Suef zum Bau der Votivkirche  gespendet hatte. Tatsächlich sind aus diesem sechs Säulen des Hochaltars, Säulen und Füllflächen der Kreuzkapelle wie auch der achteckige Taufstein in der Taufkapelle gefertigt.

Vorarlberger Wappen. An den Arkadenwänden der kaiserlichen "Denkmalskirche" finden sich auch die Wappen des Kaiserhauses, besser gesagt: der Kronländer. Im Kern sind das alle Wappen der Länder, welche im "Großen Titel des Kaisers von Österreich" enthalten sind. Der Große Titel verstand sich wie der kaiserliche Doppeladler, das kaiserliche Wappen, die Österreichische Kaiserkrone, Zepter und Reichsapfel sowie der kaiserliche Hofstaat mit seinem Hofzeremoniell als Ausdruck der von Gott gegebenen und daher unumstößlichen monarchischen Macht. Der große Titel musste in Österreich zur Zeit der Monarchie von allen Schulkindern auswendig gelernt werden.


Und dort sind eben auch aufgeführt "Graf von Hohenems, Feldkirch, Bregenz, Sonnenberg etc." Und genau diese vier Vorarlberger Wappen finden sich unter den 20 Wappen der Kronländer in der Votivkirche.  Die habsburgischen  "Herrschaften vor dem Arlberg", die Österreich in einem 450jährigen Prozess Stück für Stück erwarb, wurden erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts zu einem „Land Vorarlberg“ integriert, dem als landesfürstlicher Verwaltungsbezirk seit 1786 der „Kreis Vorarlberg“ entsprach.

Die landesfürstlichen Behörden in Vorarlberg unterstanden bis 1918 den Regierungsstellen in Innsbruck, (mit einem vorderösterreichischen Intermezzo von 1752 bis 1782). Vom 16. bis ins 18. Jahrhundert war meist von den „Herrschaften vor dem Arlberg“ die Rede, häufig von den „vier Herrschaften“, auch wenn in Urkunden gelegentlich mehr als vier genannt wurden (siehe im großen Titel "etc.").  Die "operettenhafte" (Nachbaur) Nennung der vergleichsweise kleinen "Herrschaften vor dem Arlberg" im Titel hatte wohl auch einen praktischen Grund: Der neue „Kaiser von Österreich“wäre sonst  jedenfalls bereits 1804 als Herrscher eines überwiegend slawischen, ungarischen und italienischen Reichs ausgewiesen gewesen.


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Freitag, 7. April 2023

[ #Vorarlberg ] Evangelisch in Vorarlberg - evangelisch in Dornbirn


Wer sich heute über Minarette oder islamischen Friedhof erregt, der steht immer und brav in der Tradition der strukturell gewalttätigen Vorarlberger Gegenreformation.


Mit denselben engstirnigen und freiheitsfeindlichen Maßnahmen mit denen man heute etwa in der Vorarlberger Bauordnung den Muslimen zu begegnen sucht, begegnete man schon den Evangelischen.

Must. Eine solche Pflichtquelle und einem "virtuellen Vorarlberger Heimatbuch" einzuverleibende Arbeit ist der Vortrag auf Einladung der Evangelischen Pfarrgemeinde Dornbirn anlässlich der Sonderausstellung‚ 100 Jahre evangelisch in Dornbirn— im Stadtmuseum Dornbirn, gehalten am 23. November 2007 in Dornbirn (Gemeindesaal der Ev. Pfarrgemeinde) von Dr. Alois Niederstätter.


Ansässigmachung. Dort lese man auch einmal über den menschenverachtenden Dornbirner Friedhofsstreit nach. Oder über den Antrag des Dornbirner Arztes und Abgeordneten Dr. Josef Anton Ölz, Protestanten "die Ansäßigmachung" in Vorarlberg zu untersagen. Und doch bleiben auch da die Überraschungen nicht aus: Der Aktion von Dr. Ölz war kein Erfolg beschieden, ja das Vorgehen von Dr. Ölz wurde als gesetzwidrig erklärt, der Arzt in erster Instanz wegen Verhetzung verurteilt (später allerdings in höchster Instanz freigesprochen). Ob man da 1861 nicht schon weiter war als man etwa heute ist.


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Mittwoch, 22. März 2023

[ #Feldkirch ] Feldkircher Stadtrecht: Bordell in Feldkirch

Blütenlese zu einer Sittengeschichte Vorarlbergs im vorindustriellen Zeitalter.

Wussten Sie, dass das Feldkircher Stadtrecht des 14. Jahrhunderts bereits ein Bordell kannte, in der Feldkircher Mühle (heute E-Werk), weshalb das Stadtrecht die Frauen dort auch "mülitöchter" oder "mülimaitlen" nennt.

Kultur-, Alltags- und Sozialgeschichte. Als im 19. Jahrhundert "Sittengeschichte" zu einem Thema historischen Forschens wurde, subsumierte man darunter alles das, was wir heute als Kultur-, Alltags- und Sozialgeschichte bezeichnen würden. Später, an der Wende zum 20. Jahrhundert, erhielt der Begriff eine stark erotische Konnotation. In den letzten Jahren ist mit seiner Verwendung im Rahmen der Analyse politischer Systeme und ihres moralischen Zustands ein neuerlicher Bedeutungswandel eingetreten. Im Rahmen dieses Vortrags werden nun – um dem Reihentitel "Verbotene Liebe" gerecht zu werden – die Spannungsfelder zwischen Geschlechterbeziehungen und Normenkanon in den Mittelpunkt gerückt.

eSource. Verba volant Nr. 74 (26.05.2010) - Onlinebeiträge des Vorarlberger Landesarchivs - Blütenlese zu einer Sittengeschichte Vorarlbergs im vorindustriellen Zeitalter - Vortrag von Alois Niederstätter in der Reihe "Verbotene Liebe" des Vorarlberger Landesarchivs am 26. Mai 2010 in Bregenz (Landesarchivs). Siehe Download unten.

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Freitag, 17. März 2023

[ #Feldkirch ] Die Eiszeit des Gasserplatzes in Göfis

Naturdenkmal Gletschertopf Göfis © Gemeinde Göfis

Im Rahmen der Bauarbeiten des Ambergtunnels wurde im Gemeindegebiet von Göfis ein Gletschertopf entdeckt.


Naturdenkmal Eiche in Göfis auf dem
Gasserplatz © Gemeinde Göfis
Naturschutzgebiet. Das Naturschutzgebiet Gasserplatz ist ein Feuchtgebiet, das von Wissenschaftlern als Flach- und Zwischenmoor ausgewiesen wird. Es bietet heute seltenen Moorpflanzen Lebensraum.

Der südliche Bereich des Gasserplatzes, der über die Landesstraße von Göfis-Hofen in Richtung Feldkirch erreicht werden kann, ist als Erholungsbereich zum Verweilen gestaltet.

Naturdenkmalbuch. Am nördlichen Waldrand des Gasserplatzesist eine Eiche in das Naturdenkmalbuch eingetragen. Mit einer Höhe von zirka 30 Metern, einem Umfang von rund 3,5 Metern und einem Alter von etwa 250 bis 300 Jahren erhält die Eiche somit den Schutz des Naturschutzgesetzes.

Hinrichtungsstätte. Auf dem Göfner Gasserplatz erfolgte im Jahr 1864 die letzte Hinrichtung. Von dem Delinquenten hat der Platz seinen heutigen Namen.

Vorzeit. Die Gesteine der heutigen Alpen wurden während der Trias und dem Jura an den Küsten des sog. Penninischen Ozeans abgelagert, der damals Afrika im Süden von Europa im Norden trennte. An den Küsten kam es zur Bildung von ausgedehnten Karbonatplattformen, die z.T. von großen Riffkomplexen gesäumt wurden. Durch die Bewegungen des Afrikanischen Kontinents nach Norden wurde der Ozean subduziert, die Kalksteine der Küsten deckenartig übereinandergeschoben (Kreide bis Miozän) und damit der neue Gebirgszug der Alpen "aufgetürmt".

Gletschertopf Gasserplatz - Naturschutzgebiet © Gemeinde Göfis
Eiszeit. In den Eiszeiten bildeten sich in diesem Gebirge große Gletscher, die sich tief in diese Decken einschnitten und die so die heutige Form der Alpen bildeten.

Vor 20.000 Jahren erreichten die Gletscher der letzten, der Würm-Eiszeit ihre grösste Ausdehnung. 2.000 Jahre später begannen der Rückzug. Vor 14.000 Jahren war das Rheintal bereits wieder eisfrei. An diese Kälteperiode erinnern unsere heutigen Gletscher. Auch sie sind ständigen Schwankungen unterworfen. Während der mittelalterlichen Warmzeit zwischen 900 und 1100 n.Chr. waren sie weit zurück geschmolzen. Ab 1570 führte kühleres Klima mit Neuschnee im Sommer bis unter 1000 Meter Seehöhe zu einem ersten Gletscherhochstand um 1640. Es folgten starke Schwankungen mit durchaus warmen Einzeljahren, bis zum letzten Maximum von 1850. Seither schmelzen die Gletscher rasch zurück.

Das Moorgebiet Gasserplatz befindet sich im Konfluenzbereich des eiszeitlichen Rhein- und Illgietschers und ist von ehemaligen Eisrandlagen der Schlussvereisung (Feldkircher Stadium) umgeben. An dieser Stelle entstand beim lokalen Abschmelzen des Illgletschers bereits im Ältesten Dryas ein kleiner See, der bis zum Beginn des Holozäns existierte und sich mit einer ungestörten Ablagerung von Seekreide (Kalkgyttja) füllte.

Die Schlussvereisung im Bereich Göfis - Gasserplatz und das Entstehen dieses Sees wurden untersucht. Die biostratigraphische Zonierung der feinlaminierten Seekreideablagerungen zeigt die Vegetationsgeschichte der direkten Umgebung und die lakustrische Entwicklung des spätglazialen Gasserplatz-Sees, wie mittels einer Pollen- und Makroreste-Analyse festgestellt werden konnte. Dünnschliffanalysen, geoelektrische Aufnahmen und zwei 14C-Altersbestimmungen ergänzen das Bild.


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Donnerstag, 16. März 2023

[ #Feldkirch ] Erdbeben: Als Feldkirch Himmel und Erden erzürnte

Rheintal 2006: Erdbebenübun

Die stete Bedrohung durch elementare Naturgewalten wie Lawinen, Muren und Überschwemmungen hat seit jeher das Leben im alpinen Raum geprägt. Freilich wurden als Schuldige auch häufig Sündenböcke ausgemacht. Schuldzuweisung an andere, vor allem an Außenseiter der Gesellschaft wie Juden, als Hexen diffamierte und verfolgte Frauen. Die Vorarlberger Hexengeschichte ist reich an Beispielen, wie die Vorarlberger Historiker Tiefenthaler und Tschaikner zeigen.

Himmel und Erden erzürnt: Vorarlberger Naturkatastrophen. Die stete Bedrohung durch elementare Naturgewalten wie Lawinen, Muren und Überschwemmungen hat seit jeher das Leben im alpinen Raum geprägt. Der Respekt vor der Macht der Natur und die vielfältigen Bemühungen, sich davor zu schützen – durch technische Vorrichtungen ebenso wie durch Beschwörungen, Gebete, Wallfahrten, Mythen und Sagen und der Suche nach Schuldigen für die Erzürnung Gottes.

Denn immer war es bis zur Aufklärung im Glauben der Menschen der Wille Gottes, zumindest Prüfung, häufig auch Strafe:
„Gott der Allmächtige hat am zweyten, dritten und vierten Tag Februar 1689 einen so großen Schnee fallen lassen, dass in unserem Tal Muntafon viele Menschen und Vieh durch die herabfallende Lawine neben viel Häuser, Ställ, Speicher, Bäume und andere Gemächer zugrund gegangen sind. Auch viele Güter grausam verderbt geworden.“ (Abschrift aus einer Vorarlberger Chronik des Lawinenwinters 1689)
In diesem Lawinenwinter starben in Montafon 120 Menschen. Ins gleiche Horn bläst die Vorarlberger Sage "Die verwüst' Alp" (Richard Beitl, Neue Sagen aus Vorarlberg) und stellt einen Konnex zu den oben geschilderten Marcellusfluten her:
"In dieser Gegend sei es aber nicht immer so unwirtlich gewesen. Einmal sollen dort drei schöne Alpen gewesen sein. Da sei einmal ein Mann gekommen und habe um Almosen gebeten. Zwei Sennen reichten dem Armen eine Gabe, der dritte aber, ein übermütiger Mensch, füllte dem Bettler sein Häfelein mit Kuhmist und tat nur zu oberst ein bißchen Butter drauf. Der Frevler brauchte aber auf die Strafe nicht zu warten. Der Bettler ging in die anderen Hütten und sagte den beiden barmherzigen Sennen, sie sollten fliehen so schnell sie könnten mit dem Vieh und aller Habe, denn die Alpen seien dem Untergang geweiht."
Über ein Erdbeben in Feldkirch wird in der Prugger'schen (Vorarlberg) Chronik (Feldkirch 1685) berichtet:
„Anno 1117 wäre den menschen himmel und erden erzürnet, indem ein solcher ersehröcklicher erdbidem entstanden und die gegend (Feldkirch?) also erschittet, dass vil häuser eingefallen"
Freilich wurden als Schuldige auch häufig Sündenböcke ausgemacht. Schuldzuweisung an andere, vor allem an Außenseiter der Gesellschaft wie Juden, als Hexen diffamierte und verfolgte Frauen. Die Vorarlberger Hexengeschichte ist reich an Beispielen, wie die Vorarlberger Historiker Tiefenthaler und Tschaikner zeigen.

Die Katastrophen schlagen sich selbstredend auch in der Kultur nieder. Zuletzt haben wir ja noch die Verfilmung des Lawinenwinters 1954 in Blons (Der Atem des Himmels) durch Reinhold Bilgeri in Erinnerung. Auch in Franz Michael Felders Sonderlingen spielt ein Lawinenunglück ein wichtige Rolle. Freilich hatte der aufgeklärte Vorarlberger "Bauernschriftsteller", der sich dem klerikalen Ultramontanismus widersetzte, gegen Unglücke eine verstandesgemäße Lösung. Er organisierte Brand- und Viehversicherungen und Genossenschaften.


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Mittwoch, 8. März 2023

[ #Bregenz ] Johann Zasius aus Bregenz: Der Anwalt der Regensburger Juden


Dr. iur. utr. Johann  Zasius  aus  Bregenz (ca. 1475/80 – 1527) wird in der historischen Literatur oft mit Ulrich Zasius verwechselt  (Ulrich Zasius ,* 1461 in Konstanz; † 24. November 1535 in Freiburg im Breisgau, war ein deutscher Jurist und Humanist,) oder auch mit dem Sohn von diesem (Johann Ulrich Zasius, * 1521 in Freiburg im Breisgau; † 27. April 1570, war kaiserlicher Rat im Auftrag König Ferdinands I. und Kaiser Maximilians II.). 

Freilich, über Ulrich Zasius gibt es eine sehr umfangreiche Literatur,  während  die  Lebensdaten des Bregenzer Juristen Johann Zasius bisher nur in geringem Maße aufgearbeitet wurden. Uns liegen dafür Forschungen des Vorarlberger Historikers Burmeister und auch ein Beitrag von Steven Rowan in "The Jewish Quarterly Review"  (Vol. 72, No. 3 - Jan., 1982, pp. 198-201) vor.

Johann Zasius aus Bregenz war 1516-1521 im Dienst der vorderösterreichischen Regierung und war einer der (nur) zwei bürgerlichen Advokaten der österreichischen Regierung. Wohl um einen Adelstitel geltend machen zu können, bewarb er sich um die Burg Tosters in Feldkirch und eröffnete nach Burmeister damit die Reihe der österreichischen Juristen als Schlossbesitzer und Pfandherrn von Tosters.

Jurist für die Regensburger Juden. Bedeutender ist  jedoch das Engagement des Bregenzer Juristen für die 1519 gepeinigten Regensburger Juden.  Die Geschichte der Juden in Regensburg reicht bis in das 10. Jahrhundert zurück. Nach dem Tod Kaiser Maximilian I. am 12. Januar 1519 nutzte die Stadt Regensburg das entstandene Machtvakuum und beschloss am 21. Februar die Vertreibung der Juden. Binnen zweier Wochen mussten sie die Stadt verlassen. Vorarlberg selber war ja zu dieser Zeit  "judenfrei" seit in Feldkirch  am 21. Januar 1349 alle Juden verbrannt worden waren. Erst zu Beginn des 17. Jahrhunderts siedelten sich wieder Juden in Vorarlberg an.

In diesem jahrelangen Streit der bestohlenen und verfolgten Regensburger Juden gegen die Regensburger Bürgerschaft hatte der Bregenzer Jurist Johann Zasius durch sein Engagement für die Juden mehrere Teilerfolge erstritten,  auch wenn es ihm nicht gelungen war, die Gewalttaten gegen die Juden abzuwenden. Seine Rechtsansicht floss bis in den Wormser Schiedsspruch vom 17./18. Mai 1521 ein. Auch wenn die Zeiten noch weit entfernt von heutigem rechtsstaatlichen Denken waren - schließlich war es das gegenüber der jüdischen Mitbürger noch nicht einmal im ganzen 20. Jahrhundert. 

Dr. Johann Zasisus war letztlich wohl auch mit dem Ausgang des Verfahrens nicht zufrieden, sein Einsatz für die Menschenrechte und seine auf das Naturrecht abstellende Argumentation sind jedoch Höhepunkte nicht nur seiner  Biographie sondern auch der Zeit weit voraus.


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      Dienstag, 7. März 2023

      [ #Feldkirch ] Mauereidechsen in Vorarlberg


      Größere Populationen an Mauereidechsen sind in Frastanz, Feldkirch und Rankweil und auch schon am Rheindamm in Hard beobachtet worden. Es kann angenommen werden, dass die Bestände - zumindest um Feldkirch zusammenwachsen, wiewohl sie aus verschiedenen Ursprungsorten stammen. 

      In Vorarlberg sind Mauereidechsen - wie sehr häufig nördlich der Alpen - erst durch aktives Handeln der Menschen heimisch geworden. Sämtliche Vorkommen gehen hier auf ausgesetzte Tiere zurück. Mit dem Auftauchen der Mauereidechse (Podarcis muralis) kommen somit insgesamt vier Echsenarten in Vorarlberg vor:
      • Die Mauereidechse (Podarcis muralis
      • Die Zauneidechse (Lacerta agilis),
      • Die Berg- oder Waldeidechse (Zootoca vivipara)
      • Die Blindschleiche (Anguis fragilis) als beinlose Echsenart , von den "Städtern" häufig als Schlange verkannt.
      Ardetzenberg. Größere Populationen an Mauereidechsen sind in Frastanz, Feldkirch und Rankweil und auch schon am Rheindamm in Hard beobachtet worden. Es kann angenommen werden, dass die Bestände - zumindest um Feldkirch zusammenwachsen, wiewohl sie aus verschiedenen Ursprungsorten stammen. Im Internet findet sich eine schöne und fundierte Darstellung mit reichlichem Bildmaterial über das (allochthone = gebietsfremde) Vorkommen von Mauereidechsen in Vorarlberg (WOLFRAM SCHURIG & JÜRGEN GEBHART Juni 2009, siehe unter Links).

      Dort wird erzählt:
      "Die Eidechsen haben sich während der letzten ca. 20 Jahre über den nicht bewaldeten südlichen und östlichen Teil des Ardetzenbergs ausgebreitet und besiedeln mittlerweile das ganze Altstadtgebiet und dort schwerpunktmäßig den Bereich der Schattenburg. Von dort aus erfolgt nun die Besiedelung Ill aufwärts, wo die Gemeinden Göfis und Frastanz erreicht werden. Als Korridor für die Ausbreitung in diese Richtung fungiert die Felsenau-Schlucht, die mit natürlichen Felsen, Mauern, Uferbefestigungen, aufgelassener Straße sowie der stillgelegten Eisenbahntrasse eine Fülle von geeigneten Habitaten aufweist. Nach Süden haben die Eidechsen die Ill überschritten. Hierbei wurde bis zu ihrer Renovierung im Jahr 2007 die historische Hl. Kreuz–Brücke sogar direkt besiedelt. Von dort gelangten die Tiere an den im Süden angrenzenden Blasenberg, der sich bis fast an die liechtensteinische Grenze erstreckt."

      Mauereidechse (Podarcis muralis). Die "Deutsche Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde" hatte die Mauereidechse (Podarcis muralis) zum Reptil des Jahres 2011 gekürt. Damit wird zumindest in der Bundesrepublik Deutschland ein interessantes Schutz und Förderprogramm verbunden.


      Doch die Mauereidechse hat hier nicht sein lange angestammtes Habitat, auch wenn man sie bereits die "heimische" Mauereidechse nennt. Sie ist meist vom Menschen eingeschleppt, verfügt aber auch über kluge Anpassungsstrategien, in dem es als Kulturfolger den Veränderungen durch den Menschen folgt und Ersatzhabitate (synanthrop) besetzt.

      Zürich Hauptbahnhof. Die Mauereidechse ist im Kern von Nord-, Nordost- und Mittel-Spanien ostwärts über Mitteleuropa und die Balkanländer bis zur Westküste des Schwarzen Meeres verbreitet. In Deutschland kommt die Art schwerpunktmäßig im Südwesten in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz vor. Dabei werden klimatisch begünstigte Hanglagen bevorzugt. Bevorzugt finden sich die Tiere auf nach Südosten oder Südwesten exponierten Flächen. Weil sie sich diese räumlichen Bedingungen mit Weinabaugebieten teilen, werden sie gerne auch als "Weintrinker" tituliert. Als typischer Kulturfolger ist die Mauereidechse eben auch in Weinbergen, an Bahn- und Straßenböschungen sowie an Gebäuden in Siedlungen und Städten anzutreffen.Ihre Anpassungsfähigkeit kann man mit nichts besser beschreiben: Die größte Population nördlich der Alpen lebt auf dem Gelände des Zürcher Hauptbahnhofs.

      Streifjäger. Mauereidechsen sind tagaktiv und bestreifen ihren Lebensraum mehrmals am Tag nach Insekten und Spinnentieren ab. Sie sind uns also auch in den Gärten nützlich und ersparen chemische Insektenvernichtungsmittel. Ihr größter Feind dürfte hier die Hauskatze sein. Aber auch Greifvögeln dienen vor allem die Jungtiere in der Nahrungskette. Sie sind mit kräftigen Beinen mit langen Zehen ausgerüstet und ihr Schwanz ist rund doppelt so lang ist wie ihr eigentlicher Körper. Damit sind sie flink und ausgezeichnete Kletterer. Das Gelege wird unter Steinen oder in kleinen selbstgegrabenen Gängen abgelegt. Es umfasst zwei bis zehn Eier. Die Jungtiere schlüpfen - abhängig vom Wetter und der Wärme - nach etwa sechs Wochen von Ende Juni bis Anfang August. Ein früher Schlupf erhöht natürlich die Chancen der Jungtiere, genügend Reserven anzulegen, um erfolgreich überwintern zu können..


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      Samstag, 4. März 2023

      [ #Feldkirch ] Georg Joachim Rheticus (1514 bis 1574) - Feldkircher Astronom, Mathematiker und Arzt


      Franz Josef Häfele aus Hohenems verdanken wir vielleicht die Klärung der Herkunft des Georg Joachim Rheticus

      Ein Feldkircher hat die Welt verändert: Georg Joachim Rheticus (1514 -1574). Wäre er nicht gewesen, hätte Nikolaus Kopernikus (1473- 1543) sein Hauptwerk über das neue, heliozentrische Weltbild nie vollendet und zur Druckreife gebracht. Dessen "Revolutiones" wären der Welt wohl verborgen geblieben.

      Georg Joachim Rheticus (auch Rhäticus, Rhaeticus, Rhetikus - * 16. Februar 1514 in Feldkirch, Österreich; † 4. Dezember 1574 in Kaschau, damals Ungarn; heute Košice, Slowakische Republik), eigentlich Georg Joachim von Lauchen, war ein österreichischer Mathematiker, Astronom, Theologe, Kartograph, Instrumentenmacher und Mediziner.

      Wittenberg. Georg Joachim Rheticus studierte von 1532 bis 1536 an der Universität in Wittenberg. Er war ein enthusiastischer Lutheraner, Kollege und Zeitgenosse von Martin Luther (1483-1546) und Philipp Melanchthon (1497-1560). 1536 wurde der mathematische Lehrstuhl geteilt: Erasmus Reinhold (1511-1553) erhielt den Lehrstuhl für höhere Mathematik, Rheticus den für niedere Mathematik. 1538 begab er sich auf eine Studienreise, die ihn u.a. nach Nürnberg zu Johannes Schöner (1477-1547) führte. Hier lernte er wohl auch dessen Verleger Johannes Petrejus (1497-1550) kennen und dürfte von ihm den Auftrag erhalten haben, das Hauptwerk des Copernicus (1473-1543) nach Nürnberg zu holen, um es hier drucken zu lassen.

      Nach einem kurzen Zwischenaufenthalt in Wittenberg begab er sich nach Frauenburg. Hier arbeitete er das Manuskript von De Revolutionibus durch und veröffentlichte 1540 darüber seine Narratio prima, die er Johannes Schöner widmete. Bis 1551 war er Professor der Mathematik in Leipzig, 1552/3 hielt er sich in Prag auf, wo er sein Studium als Doktor der Medizin abschloss. Ab 1554 praktizierte er in Krakau. Ende 1574 reiste er nach Kaschau in Ungarn, wo er Anfang Dezember starb.


      Digitalisat: Georg Joachim Rheticus: Narratio prima. Georg Joachim Rheticus vertiefte sich wochenlang in das Manuskript des Astronomen Nikolaus Kopernikus. So sehr, dass Rheticus heute als der einzige Schüler Kopernikus gilt. Und er war der begeisterte Propagandist des kopernikanischen Heliozentrismus.

      Erster Bericht. Begeistert fasste er seine Eindrücke in einem Schreiben an Johannes Schöner zusammen. Die Briefform war aber nur Rahmen; die Schrift mit dem Titel "Narratio prima" (lat., "Erster Bericht") war zum raschen Druck bestimmt. In tiefer Bewunderung verbeugte sich Rheticus darin vor "seinem Lehrer". Mit biographischen Anmerkungen ergänzt, führte er auf rund 30 Seiten durch dessen Lebenswerk.

      Die Narratio prima ist als Retrodigitalisat auf der Website der Universität in Kansas City online. Mindestens eine Handvoll weiterer toller Retrodigitalisate von Schriften des Feldkircher Humanisten Georg Joachim Rheticus gibt es auch bei anderen Digitalisierungsinitiativen im Web online.


      Propagandist des Heliozentrismus. Rheticus verdankt man nicht nur, dass das Werk der Copernicus zum Druck gelangte, er war selbst der Verfasser wichtiger geometrischer Werke, insbesondere verbesserte er die Sinustafeln. Seine berühmte Schrift "Narratio prima de libris revolutionum Copernici" (1540) fasste die Beobachtungen von Kopernikus zusammen, dessen Mitarbeiter und Schüler er war und dessen Werke auf seine Veranlassung gedruckt wurden. Er stellte wichtige trigonometrische Berechnungen an (Beginn einer 10-stelligen Tafel der goniometrischen Funktionen) und leistete bedeutende Vorarbeiten für die 1611 erfundenen Logarithmentafeln.

      Denkmäler. Der am 17. Januar 1998 entdeckte Asteroid 15949 wurde nach dem Astronomen Georg Joachim Rhaeticus benannt. Freilich war schon 1651 ihm ein Denkmal gesetzt worden, als man einem Ringgebirge auf dem Mond den Namen "Rheticus" gab.


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      Dienstag, 10. Januar 2023

      [ #Vorarlberg ] Joseph Feßler: Der Vorarlberger Bischof von St.Pölten

      DDr. Klaus Küng ist "nur" der zweite gebürtige Vorarlberger, der in der Geschichte der Diözese St. Pölten zum Bischof bestellt wurde. Aus Vorarlberg  stammte auch Dr. Josef Feßler, Bischof in St. Pölten von 1865 bis 1872.

      Joseph Feßler  (* 2. Dezember 1813 in Lochau,  als  erstes Kind von Gebhard und Genoveva Feßler ; † 25. April 1872 in Sankt Pölten) war römisch-katholischer Theologe und Bischof von Sankt Pölten.war von 1865 bis 1872 Bischof von St. Pölten und zuvor Weihbischof seiner Heimatdiözese Feldkirch.

      Geboren in Lochau bei Bregenz, trat er nach dem Schulbesuch in Feldkirch  (1824 bis 1830), Salzburg und Innsbruck 1833 in das Brixener Priesterseminar ein. Nach seiner Priesterweihe 1837 lehrte er als Dozent für Kirchengeschichte und Kirchenrecht in Brixen, studierte aber auch an der Weltpriesterbildungsanstalt Frintaneum in Wien.

      Konservativer Politiker. 1848 wurde Feßler als Abgeordneter für den Wahlbezirk Bregenz in die Frankfurter Nationalversammlung gewählt. Reden hat er dort keine gehalten, angeblich weil sich alle anderen draum gedrängt hatten. Leo Haffner berichtet in seiem Aufsatz "Die Aufklärung und die Konservativen" (Ein Beitrag zur Geschichte der katholisch-konservativen Partei in Vorarlberg - Erschienen in: Nachträge. Zur neueren Vorarlberger Landesgeschichte. Hrsg. Von Meinrad Pichler, Fink's Verlag Bregenz 1983, S. 10-31) :
      "Als Beispiel für die Spannungen zwischen führenden Vertretern der Kirche und Vorarlberger Demokraten mag der Hinweis auf eine Episode dienen: Bürger von Feldkirch, der Hochburg der Demokraten, waren über einen der Vorarlberger Delegierten im Frankfurter Parlament, den Theologen und späteren Bischof von St. Polten, Dr. Josef Feßler, "so aufgebracht, dass er auf der Heimreise, schon in Bregenz angelangt, nach Bayern zurückkehren musste, um über Imst ins Oberinntal und nach Innsbruck und Brixen zu gelangen". Er hatte sich, so Paula Geist in ihrer "Geschichte Vorarlbergs im Jahre 1848/49", "verdächtig gemacht durch die Art, in der er für alles stimmte, was reaktionär war und allem opponierte, was nur anscheinend in den Bereich des Fortschritts gehörte. ... Er stimmte gegen die Aufhebung des Adels, weil er nicht einsah, 'warum ein Graf oder ein Baron oder ein Herr von ... seinen Titel verlieren sollte, der niemand schade'. Er stimmte für die Todesstrafe, 'weil Gott nach der Lehre der heiligen Schrift den Obrigkeiten das Recht über Tod und Leben gegeben hat'. ... Er hat gegen die Wahrung des Briefgeheimnisses gestimmt, weil dieses Gesetz für Vorarlberg, wo solche 'Missbräuche' nicht herrschten, gar nicht in Betracht käme..." .
      1852 wurde er als Professor für Kirchengeschichte an die Wiener Universität berufen. Er erwarb sich den Ruf eines Sachverständigen für die Unierte Kirche. Als Unierte Kirchen (offiziell Katholische Ostkirchen) werden jene Ostkirchen bezeichnet, die als Teilkirchen der römisch-katholischen Kirche unter dem Papst von Rom mit der Lateinischen Kirche in Glaubens-, Gebets- und Sakramentengemeinschaft stehen.  In der heftigen Diskussion um das Konkordat wandte er sich gegen die liberale Kritik und war auch später an den Verhandlungen um eine Revision des Konkordats beteiligt. Seine Position ist nicht unähnlich der heutigen: Er stand als konservativer Repräsentant des flachen Landes gegen die fortschrittsorientierten ökonomischen, kulturellen und sozialen  urbanen Entwicklungen.

      Bischof von St. Pölten. 1862 wurde Joseph Feßler zum Weihbischof und Generalvikar der Diözese Feldkirch ernannt, zwei Jahre später erfolgte seine Ernennung zum Nachfolger des verstorbenen St. Pöltner Bischofs Ignaz Feigerle.  Am 30. April 1865 wurde er in St. Pölten inthronisiert. Während seines siebenjährigen Episkopats galt sein Wirken besonders dem Kampf gegen den Liberalismus und den liberalen Religionsgesetzen von 1868. Er erwarb 1869 für die katholische Kirche den "St. Pöltener Boten" als Sprachrohr gegen den Liberalismus und legte damit den Grundstein für die katholische niederrösterreichische Pressepolitik bis in die heutigen Tage, das Niederösterreichische Pressehaus.  In der Seelsorge in Niederösterreich war er aber so gut wie nicht tätig sondern kümmerte sich um die Belange der österreichischen und der Gesamtkirche.

      Vaticanum I
      Vatikanisches Konzil. Als ein (gemäßigter) Hauptvertreter des Unfehlbarkeitsdogmas in Österreich war er 1869/70 Generalsekretär des Vatikanischen Konzils. Das Erste Vatikanische Konzil (Vaticanum I vom   8. Dezember 1869 bis 20. Oktober 1870), das von der römisch-katholischen Kirche als das 20. Ökumenische Konzil angesehen wird, erhob die Lehre von der Unfehlbarkeit des Papstes „bei endgültigen Entscheidungen in Glaubens- und Sittenlehren“ definitiv zum Dogma.

      Darüber führte er mit dem bedeutendsten  Kirchenrechtslehrer seines Jahrhunderts, Johann Friedrich (Ritter) von Schulte aus Prag,  einen wiederholenden Disput. Er konnte wohl als konservativer Repräsentant der katholischen Kirche die Abspaltung der Altkatholiken nicht wirksam begegnen, namentlich von Johann Friedrich (Ritter) von Schulte und  Johann Joseph Ignaz (Ritter) von Döllinger, obwohl sich gerade letzterer ständig gegen das Schisma wehrte und in der katholischen Kirche bleiben wollte, ja sich fortan um Ökumene bemühte. Diese Niederlage überrascht umso mehr, als es ihm ja umgekehrt gelungen war, Gegner des Dogmas unter den Bischöfen in Deutschland und  Österreich "umzudrehen". Offenbar war er hier weit weniger diplomatisch und unversöhnlicher, ließ eine weniger großzügige Interpretation zu als zu jener Zeit als man noch um die Mehrheit beim Vatikanischen Konzil bangen musste. Durch seinen frühen Tod im Alter von 59 Jahren fand sein kirchliches  und politisches Engagement gegen die Liberalen allerdings ein jähes Ende.


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