Mittwoch, 19. Januar 2022

[ #Bodensee ] Bodenseefelchen: Flussgemüse & ostdeutsches Wappentier


Das ostdeutsche Städtchen "Zarrentin am Schaalsee", eine Kleinstadt im Landkreis Ludwigslust im Westen Mecklenburg-Vorpommerns hat die wohl bekannteste Fischart des Bodensees - die Große Maräne (Felchen) - im Wappen. Da muss es doch mit dem Teufel zugehen? Und wirklich, die Legende dort berichtet ...

Brotfische Bodenseefelchen. Die Felchen, auch Renken oder Maränen genannt, sind eine weit verbreitete formenreiche Gruppe forellenartiger Fische. man nennt am Bodensee vier Arten: Blaufelchen, Gangfisch, Sandfelchen und Kilch. Das Felchen gehört zu den lachsartigen Fischen. Man erkennt sie (wie alle zur Familie der Lachse gehörigen Fische) an der Fettflosse, die gerade über der Afterflosse steht. Sie sind silbrig gefärbt, fleckenlos. Ihr Fleisch ist sehr fein und wohlschmeckend.


Felchen sind im gesamten Bodensee anzutreffen. Es gilt als ein wohlschmeckender Süßwasserfisch, der sich durch festes weißes Fleisch und wenig Gräten auszeichnet. Felchen sind neben den Barschen die "Brotfische", die Verdienstmöglichkeit der Bodensee-Berufsfischer. Der Verbreitungsschwerpunkt liegt im zentralen und östlichen Seeteil, wobei sich die Hauptaufenthaltsbereiche im Laufe des Frühjahrs und Sommers nach Westen, zum Teil bis in den Überlinger See ausweiten. Sandfelchen, vorwiegend im Bodensee-Untersee verbreitet, finden sich in geringerer Anzahl meist im westlichen Oberseebereich.

Alpenmaräne. Als "alpine Maränen" sind die Bodenseecoregonen (lat.Coregonus, ist innerhalb der Familie der Forellenfische die artenreichste) in ihrem Bestand nicht mehr gefährdet; jedoch unterliegen die einzelnen Formen möglicherweise einem starken Wandel. Die Coregonen leben meist in tieferen Seen (ab ca. 50 m), zum Beispiel dem Bodensee und anderen Voralpenseen, etwa in der Seenkette um den Bielersee, den Neuenburgersee und den Genfersee, den oberitalienischen Seen, sowie in norddeutschen Seen wie dem Ratzeburger See, Schaalsee, Schweriner See, Plöner See und anderen. Die Populationen in den nach der Eiszeit entstandenen Gletscherseen können als Beispiel für eine geographische Isolation gesehen werden, die zur Artbildung führen kann. Daraus resultiert auch die Vielzahl lokaler Formen.

Künstliche Befruchtung. Der befruchtete Fischlaich kann heute in dem verschlammten Seegrund des Bodensees meist nicht mehr selber heranreifen. Deshalb nehmen die Fischer schon beim Fang der Fische während der Laichzeit den Fischlaich - eine Art künstlicher Befruchtung - und liefern in einer der sieben Brutanstalten am See ab. Erst als junge Fische kommen die Felchen wieder zurück in den Bodensee (ebenso übrigens wie kleine Hechte, Saiblinge und Seeforellen). Durch die Überdüngung des Sees gab es in den 1950er Jahren ein "Überangebot" an Plankton, der wichtigsten Nahrungsquelle der Felchen. Sie wuchsen deshalb wesentlich schneller heran und verfingen sich bereits vor der Vermehrung in den Netzen der Fischer. Anfangs feierten diese die prachtvollen Fangjahre, bis man erkennen musste, dass die Ausrottung der Felchen damit eigentlich vorprogrammiert war.

Nonne und Teufel am Bodensee. Um das Wappentier des Städtchen "Zarrentin am Schaalsee" rankt sich folgende Sage:
"Im Zisterzienser Nonnenkloster lebte einst eine Äbtissin, die vom Bodensee stammte und dort sollen die schmackhaften Maränen ihre Lieblingsspeise gewesen sein. Einmal, zur Fastenzeit, überfiel sie in der Zarrentiner Einsamkeit die Gier nach den lange entbehrten Fischen so unwiderstehlich, dass sie den Teufel anrief und ihn aufforderte, vom Bodensee einige Maränen herbei zu schaffen. Dafür wollte sie ihm ihre Seele verpfänden. Er müsse aber vor 12 Uhr nachts zurück sein. Der geschäftstüchtige Meister des Bösen erklärte sich einverstanden und machte sich sofort auf den Weg. Kaum war er verschwunden, da schlug der Äbtissin das Gewissen. In ihrer Ratlosigkeit rief sie den Nonnenkonvent zusammen und beichtete reuevoll ihr Vergehen. Da stand eine der Nonnen auf, beruhigte die fromme Mutter, kletterte auf den Turm und stellte die Uhr eine Stunde vor. Es war mittlerweile 11 Uhr abends und der Teufel befand sich mit seinen Fischen über Techin. Da schlug die Zarrentiner Klosteruhr mit zwölf donnernden Schlägen. In seiner Wut warf der Teufel die Maränen in den Schaalsee. So fängt man heute dort diese Fische, die den Schaalsee für Feinschmecker so berühmt gemacht haben."
Flussgemüse. Eine ungewöhnliche Gleichung, nämlich "Fisch = Flussgemüse" stellten die Zisterziensermönche auf, um ihren Speiseplan anzureichern, und damit den Fisch zur Fastenspeise hochzujubeln.

Und ihre Kreativität ihre Ordensvorschrift hinsichtlich des Fastengebotes und Fleischverbotes zu umgehen, hat für die Entwicklung der europäischen Binnenfischerei große Bedeutung erlangt. Wasserbau und Fischzucht zählten in der Folge zu den Paradedisziplinen der Zisterziensermönche. So wurde von den Mönchen ein bedacht angelegtes Teichsystem gepflegt, um stets ausreichend Fisch zur Verfügung zu haben - so dass auch beim Fasten niemand hungern musste. Da Fisch als Hauptbestandteil der Küche des Zisterzienserordens galt, gehören zu Teichen aufgestaute Bachläufe zum Erscheinungsbild von Zisterzienser-Abteien. Zur Erntezeit im Herbst entfernen die Fischbauern in der Oberpfalz die Bretter in den noch heute "Mönchen" genannten Abläufen der Weiher.

Gefährlich wie ein Otter. Was den Mönchen eine begehrte Fastenspeise war, ist so mancherorts heute ein wichtiger Wirtschaftszweig geworden. Dass es sich um Leckerbissen handelte, die den nicht ans Fastengebot gebundenen Bauern nicht nur an den Fasttagen regelmäßig auf dem Teller fehlten, wird aus Maulbronn berichtet: In den einst aufgestauten Dämmen und Teichen lebten die von den Mönchen gezüchtete Fischarten, vom Karpfen bis zum Hecht oder Barsch. Überliefert ist dort, dass der Seemeister die kostbaren Schuppentiere stets im Auge behielt – der Bauern wegen, die für die Fische "gefährlich wie ein Otter" gewesen seien.

Fastengebot. Dabei ist weder in alttestamentlicher noch in neutestamentlicher Tradition der Fleischverzicht von tragender Bedeutung. Zwar kam es über diese Frage bisweilen zur Auseinandersetzung; eine umfassende und verbindliche Vorschrift der Abstinenz von Fleisch ist daraus allerdings ebenso wenig hervorgegangen wie die Empfehlung einer vegetarischen Lebensweise.

Schon Paulus sah sich in der Gemeinde von Rom mit Gemeindemitgliedern konfrontiert, die den Fleischverzicht für alle Christen verbindlich vorschreiben wollten. Er beantworete die Streitfrage damit, dass die Einnahme der freien oder asketischen Haltung eine Frage des persönlichen Gewissens sei, es allerdings grundsätzlich keine unreinen Speisen gebe: "Der eine (der Starke) glaubt alles essen zu dürfen, der Schwache isst nur Gemüse ..".

Benediktiner, Zisterzienser, Trappisten. Die Zisterzienser benennen sich nach dem ersten Kloster, das in "Cistercium" in Frankreich im Jahre 1098 gegründet wurde. Auf französisch heißt dieser Ort heute "Citeaux". Die Zisterzienser sind benediktinische Mönche, d. h. sie leben nach der Regel des heiligen Benedikt. Das bekannteste Ordensmitglied - aber nicht der Gründer - ist Bernhard von Clairvaux (1090-1153). Die Abkürzung des Ordensnamens ist "OCist", das bedeutet "Ordo Cisterciensis". Charakteristisch ist das schwarz-weiße Ordensgewand.

Im 19. Jahrhundert trennten sich die Trappisten vom ursprünglichen Zisterzienserorden, die übrigens mit ihrer größeren Regeltreue auch den Umweg zum Fisch ablehnen. Sie tragen ein ähnliches Gewand und nennen sich "Zisterzienser von der strengen Observanz", die Abkürzung hierfür ist "OCSO", das bedeutet "Ordo Cisterciensis Strictioris Observantiae".

Zweimal in Vorarlberg. Wohl scheint auch bei den "Betriebsansieldungen" der Zisterzienser in Vorarlberg die Nähe zum Wasser und Fisch eine Rolle gespielt zu haben. Im Jahre 1841 mussten die Zisterziensermönche von Wettingen (nahe Zürich im Kanton Aargau) ihr Kloster aufgrund der Aargauer Kantonskriege verlassen. Am 18. Oktober 1854 begannen sie in der ehemaligen Benediktinerabtei Mehrerau erneut das klösterliche Leben. 

 Die Zisterzienserinnenabtei Mariastern-Gwiggen, Hohenweiler führt ihren Ursprung auf die drei im Schweizer Kanton Thurgau im 13. Jahrhundert gegründeten Zisterzienserinnenabteien Kalchrain, Feldbach und Tänikon zurück, die 1848 von der Klosteraufhebung durch den thurgauischen Großen Rat betroffen waren. 1856 erwarben die Konvente von Kalchrain und Feldbach das Schlösschen Gwiggen in Vorarlberg und begannen hier das reguläre Leben. 1869 schloss sich ihnen der Konvent von Tänikon an.


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