Samstag, 17. Juni 2023

[ #Hohenems ] Abraham Kohn: Sechs Predigten in der Synagoge Hohenems und mehr ...


[Retrodigitalisat] Abraham Kohn (*1.1807 in Zalužan, Böhmen  †7.9.1848 in Lemberg, Galizien) wurde im böhmischen Zaluzany geboren. Von 1833 bis 1844 wirkt er als Rabbiner in Hohenems und wird 1837 Mitglied von Abraham Geigers liberalen "Verein jüdischer Gelehrter". Anfang September 1848 wird er in Lemberg tot aufgefunden: vergiftet.

Abraham Kohn. Abraham Kohn wurde am 1. Januar 1807, im böhmischen Zaluzany als Sohn einer armen Familie geboren, die mit aller Kraft versuchte, das Geld für seine Ausbildung aufzubringen. Den Berichten nach war er ein brillianter Schüler.

Hohenems. Von 1833 an ist Kohn als Rabbiner in Hohenems in Vorarlberg tätig. Ab 1837 - also in Hohenems - wird er Mitglied in Abraham Geigers "Verein jüdischer Gelehrter", einem Hort des liberalen Judentums. 1844 wechselt Abraham Kohn als Religionslehrer und Prediger nach Lemberg, wo er 1845 die überaus erfolgreiche Israelitische Normalschule mit begründet, 1846 provisorisch zum Kreisrabbiner ernannt wird und 1846 das Deutsch-Israelitische Bethaus eröffnet.


Zeremonialgesetz. Als liberaler Rabbiner der zum deutschsprachigen Österreich hin orientierten jüdischen Kreise Lembergs bemühte sich Kohn um die Abschaffung all dessen, was ihm als sinnentleertes Zeremonialgesetz erschien, das seine Glaubensbrüder seinem Empfinden nach von einer wahrhaftigen Beziehung zu Gott abhielt. Er sprach sich gegen ein lange Zeit als sakrosankt verstandenes Brauchtum aus, etwa gegen die obligatorische Kopfbedeckung für verheiratete Frauen, gegen den Verzicht auf Lederschuhe während der Zeit des Schiwasitzens, oder gegen das Zerreißen von Kleidungsstücken bei einer Beerdigung. Seine persönliche Haltung spiegelt sich in seinen zahlreichen Veröffentlichungen wider, etwa in "Maimonides und die Rabbinen der germanischen Welt: ein schlagender Beweis, dass der Einfluss des Lebens auf das Gesetz mächtiger ist als der der Wissenschaft" (1839) oder "Leises Bedenken eines Rabbiners über die gegenwärtigen Hauptrichtungen in der Entwickelung des Judenthums" (1841).


Konflikt. In Lemberg ermahnt der charismatische Redner seine Gemeindemitglieder, dass "unsere Glaubensbrüder jedes Wissen um das Wesen unserer Religion bitterlich vermissen lassen, da ihre Erziehung entweder vernachlässigt oder verdreht wurde, so dass das Jüdischsein manch eines Juden nichts anderes ist als eine von den Vätern übernommene Ansammlung von Verboten, Forderungen und Bräuchen, denen sie unbewusst und in unheiliger Weise gehorchen." Seine Worte provozieren den Zorn der orthodoxen Gemeinschaft, die ihn wiederholt beschimpft und auch mal verprügelt. Einen Höhepunkt erreichten die Auseinandersetzungen zwischen Reformern und Konservativen als der  Rabbiner am 11. Mai 1844 in der Lemberger Vorstadt-Synagoge in deutscher Sprache statt auf Hebräisch predigte. Die Beschwerden darüber erreichten gar die Hofkanzlei in Wien.

Man vergleiche: Die katholische Kirche erlaubte die Predigt in deutscher Sprache erst mit der Liturgiereform von 1970! Als seine Ehefrau ihn einmal inständig bat, Lemberg zu Gunsten einer anderen Anstellung zu verlassen, soll er geantwortet haben: "Ich bin doch trotz allem unter Juden. Was sollen sie mir zu guter Letzt schon tun?" Anfang September 1848 wird er tot aufgefunden: vergiftet.

1848. Bis dahin war er - wie auch Salomon Sulzer - auch in der 1848er Revolution aktiv. Er nahm an einer polnischenr Revolutionsdelegation teil, welche dem Kaiser in Wien eine Petition der polnischen Nationalbewegung vorbrachte, wo auch eine weitgehende nationale Autonomie für Galizien gefordert wurde. Erst kurz vor seinem Tode wurde in Lemberg am 26. april 1848 der galizische Landtag einberufen an dem erstmals auch jüdische Vertreter teilnehmen konnten.


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