Sonntag, 15. August 2021

[ #Götzis ] Franz Fidelis Jubele aus Götzis trifft die Zarin Elisabeth

Jubele, Franz Fidelis um 1813
© : Österreichische Nationalbibliothek

Von der "Zarin" Großfürstin Elisabeth Alexejewna, der Gattin des Zaren Alexanders I. berichtet Ernst Moritz Arndt (*26.12.1769 - †29.1.1860) deutscher nationalistischer / "liberaler" Schriftsteller und Abgeordneter der Frankfurter Nationalversammlung) eine amüsante Geschichte, wie sie dem Vorarlberger Freiheitskämpfer in den Franzosenkriegen, dem Maurerpolier Franz Fidelis Jubele aus Götzis begegnete:
"Unter andern seltsamen und hin und wieder abenteuerlichen Personen – unsereiner war ja auch als ein lauschender Abenteurer des Glücks an die Newa gekommen – erschien daselbst im Herbst ein Tiroler, weiland Adjutant des Tiroler Helden Andreas Hofer von Passeier, des Namens Franz Fidelis Jubile, ein stattliches, schönes Mannsbild, ein Dreißiger. Er kam aus England und zeigte gern mit triumphierender Miene eine prächtige, goldgefütterte Dose vor, aus dem Holz des Nelsonschen Admiralschiffes in der Schlacht bei Trafalgar, Victory, gemacht und dem tapfern Tiroler mit Dukaten gefüllt als Abschiedsgeschenk von dem Prinzregenten gegeben. Dieser echt tirolische, höchst lebendige, frische Mann ward in Petersburg wohl über einen Monat hin und her in vielen guten, patriotischen deutschen und russischen Gesellschaften gefunden, war vom General Armfelt auch bei der Herzogin Antonie eingeführt, wo er seine Tiroler Schlachten und Gefechte erzählen und Volks- und Kriegslieder, auch Schimpf- und Schandlieder auf den Rheinbund und auf die Franzosen und Bayern singen mußte, wozu die Herzogin in ihrer Freundlichkeit und Begeisterung für die tirolische und deutsche Sache auf dem Klavier wohl die lustige Begleitung spielte.

Von diesem tirolischen Wunder war auch der Kaiserin Elisabeth erzählt, sie wollte den prächtigen Tiroler Schützen sehen und hatte sich einen Abend eingefunden und die Kaiserliche Majestät unter den übrigen Damen und Hoffräulein versteckt. Armfelt war bestellt und befohlen, den Jubile mitzubringen, der in seinem Hause wirklich wie ein alter Kriegskamerad aus- und einging. Der Tiroler ward nun für seine Erzählungen und Lieder durch die Herzogin gehörig in den lebendigen, lustigen Ton gesetzt und ihm Herz und Zunge durch reichlich gereichten und zugeklungenen Wein und Punsch in glühenden Silberfluß gebracht. Nun geschah gegen den Schluß der Belustigung, daß die Kaiserin, aus der Reihe der Damen hervortretend, über Tirol und die Könige von Bayern und Württemberg und die Höfe von Darmstadt und Karlsruhe, gleichsam als wenn sie von daher eine deutsche Landsmännin und Hoffräulein sei, sich mit dem Tiroler in ein lebendigstes Gespräch einließ und ihn absichtlich reizte, sich über die Fürsten, ihre Schwäger, Brüder und Vettern, frisch auszusprechen, was er auch ohne alle Umstände tat und gar nicht in den glimpflichsten Ausdrücken. 
Als dieses Gespräch ein Ende haben und die Teegesellschaft sich erheben und auseinandergehen sollte und der Tiroler noch wie Abschied nehmend vor der hohen Frau dastand, faßte ihn der Schalk Armfelt und sprach: »Vergessen Sie diesen Abend nicht, Sie sollen wissen, daß Sie heute mit der regierenden Kaiserin von Rußland gesprochen haben.« Bei diesen Worten lief es dem armen Tiroler eiskalt über die Gänsehaut, und sich allertiefst bis zur Erde verneigend stotterte er zur allgemeinen Ergötzung heraus: »Halten Euer Majestät meine Worte zu Gnaden, ich glaubte halt, Sie seien nur eine Hofmagd.« Der Schrecken und die Angst bei der plötzlichen Enthüllung der Kaiserlichen Majestät war dem wackern Tiroler, nach seinem eignen Ausdruck, so auf die Brust gefallen, daß er den Arzt hatte holen lassen und einige Tage im Bette liegen müssen."
 "Zarin" Großfürstin Elisabeth Alexejewna. Nikolaus I. Pawlowitsch (*6. Juli 1796 † 2. März 1855), aus dem Haus Romanow-Holstein-Gottorp war als Nikolaus I. zwischen 1825 und 1855 Kaiser von Russland, der dritte Sohn des Kaisers Paul I. und dessen zweiter Ehefrau, Maria Fjodorowna, geborene Prinzessin Sophie Dorothee von Württemberg. Er war Nachfolger seines Bruders Alexander I. Pawlowitsch Romanow (*23. Dezember 1777; † 1. Dezember 1825), Kaiser von Russland (1801–1825). Beide waren aufgrund der Heiratspolitik von Katharina der Großen mit Baden-Württembergischen Adelskindern verheiratet. Großfürst Alexander wurde im Alter von 15 Jahren mit der Prinzessin Louise von Baden (zwangs)vermählt.

Die Braut war 14 Jahre alt und erhielt nach ihrem Übertritt zum orthodoxen Glauben den Namen Elisabeth Alexejewna. Beide Zaren bedienten sich der Folterknechte in Allianzen mit Österreich-Ungarn und Preußen um das gegen die Monarchien erwachende und rebellierende Bürgertum in Schach zu halten.


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1 Kommentar:

Sokrates hat gesagt…

Ich bin froh auch diesen Blog mit Bezug auf das "Ländle" gestoßen zu sein.
Man lernt doch immer wieder etwas Neues und es ist immer erstaunlich etwas über Vorarlberger zu erfahren, die auch die "Großen" dieser Welt und der Geschichte getroffen haben.

Oliver von http://bergfuchs.blogspot.co.at