Donnerstag, 1. September 2022

[ #Schnifis ] Laurentius von Schnifis: Retrodigitalisat von dem in Hohenems erschienenen "Philotheus" ist online


Laurentius von Schifis  ist für den kleinen Ort Schnifis wichtig. Wein und Käse werden mit seinem Namen vermarktet. Der Kapuziner ziert seit 1970 auch das Wappen der Gemeinde. 

Vorarlberger Stationen: Schnifis - Feldkirch - Hohenems. Dabei begann das Leben des Johannes MARTIN (* 24. August 1633 in Schnifis in Vorarlberg; † 7. Januar 1702 in Konstanz) keineswegs so fromm. Geboren in einfachen Verhältnissen,  Sohn des Caspar Martin und der Maria Gom besuchte angeblich 1650/51 das Jesuitengymnasium in Feldkirch. Dies war in dem erst 1649 gegründeten Gymnasium wohl nur möglich, weil die Jesuiten kein Schulgeld verlangten. Im Jahre 1650 waren dort 124 Schüler in Ausbildung. Nicht unwahrscheinlich, dass dort bereits seine Leidenschaft für Theater und Literatur geweckt wurden. Immerhin wurden dort schon 1652 zwei Klassen für Literatur und Dichtkunst eingerichtet.

Fahrender Komödiant. Nach dem Schulbesuch war er jedenfalls bis 1658 als Wanderschauspieler im süddeutschen Raum unterwegs bis er an den Hof von Innsbruck zu einer Anstellung gelangte. dort arbeitete er angeblich als Hofschauspieler und wurde auch von Kaiser Leopold sein 1682 erschienenes "Mirantisches Flötlein" zum Poetas laureatus, zum Dichterkönig gekrönt. Mit dem Tod seines Gönners Erzherzog Ferdinand Karl scheint die Abkehr vom Hofleben zu beginnen und 1665 erfolgt sein Eintritt in den Kapuzinerorden. Schon zwei Jahre zuvor, 1663, war er  zum Priester geweiht worden. Sein erstes Priesteramt versah er in Hohenems.

In der gräflichen Hohenemser Herrschaft scheint Johannes Martin einen Förderer gefunden zu haben. Besonders der Gattin des Grafen wird großer Einfluss auf ihn nachgesagt. Die Nachwelt verdächtigt ihn aufgrund seiner Werke aber auch als Schwerenöter mit Frauen und so scheint sich sein Eintritt in das Priesterleben und das Kapuzinerkloster keineswegs nur als Sieg der Frömmigkeit über die Laster des fahrenden Komödianten darzustellen. Mit dem Eintritt von Johannes Martin (von Schnüfis) in das Kapuzinerkloster wird aus ihm der Laurentius von Schnifis, als der er uns durch eine montane Landesgeschichtsschreibung und in Schnifis als Käse in Erinnerung ist.

Annemarie Bösch-Niederer führt dazu in ihrem Beitzrag über die Tanzlust in früheren Zeiten (Verba volant Nr. 7/2008) aus:
Der Kapuzinermönch Laurentius von Schnifis zählt zu den führenden Liedmeistern des süddeutschen Barock. In seinen Gedichtbänden geht er kritisch auf die Auswüchse des barocken Lebensstils ein und stellt diese in Kontrast zur himmlischen Harmonie. Diese literarischen Werke sind nicht nur wegen der beigegebenen Melodien für die Musikwissenschaft von Interesse, siel liefern auch Details zum Musikleben der Zeit. Obwohl Laurentius seinen Liedern zum Teil Tanzmelodien unterlegt, verurteilt er den Tanz. So wettert er unter anderem in seinem IX. Lied des Mirantischen Flötlein 1682: 
„Man tanzt und springt
Biß an den Morgen
Man scherzt/lacht und singt
Ohn alle Todessorgen:
Man schwimmt nach der Areta-Lehr/
Biß an den Hals im Nectar-Meer/
Drauf fahren die Gesellen/
Ach laider! Scharen-dick/
Hinab zur Höllen.“
Embser Druckerei Schwendimann. In Hohenems erscheint bereits 1665 in der gräflichen Embser Druckerei Schwendimann  - wohl nicht ohne Unterstützung des Grafenhauses und Ausfluß seiner Priestertätigkeit in Hohenems - sein Schäferroman Philoteus. Der Roman wird in den Vorarlberger Bezugnahmen auf Laurentius, die ihn immer nur als Vorarlberger "Quasiheiligen" darstellen, kaum oder gar nicht erwähnt, wiewohl er auch Zeugnis früher Vorarlberger Drucktätigkeit und einer Zuwendung der Literatur an breitere Bevölkerungsschichten zum Ausdruck bringt. Er ist wohl auch eine der ersten Quellen seines Buchstabenverwirrspieles: Aus MARTIN wird MIRANT (Vgl."Mirantisches Flötlein"). Auch wenn er mit dem Eintritt in den Orden der Kapuziner seine Veröffentlichungen mit Laurentius zeichnen sollte, seine Urheberschaft wollte er nicht in einem anonymisierten Ordensnamen untergehen lassen und so benennen sich seine Schriften regelmäßig als "MIRANTische".




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