Freitag, 10. März 2023

[ #Dornbirn ] Dichter des Hakenkreuzliedes auf Vorarlberger Straßenschildern


Kaum zu glauben: In zwei Vorarlberger Städten, in Dornbirn und Hohenems ist den Verantwortlichen bis heute nichts besseres eingefallen, als eine Straße just nach jenem Ottokar Kernstock zu benennen, der das Hakenkreuzlied  (ursprünglich für eine Nazi-Gruppe in der Steiermark) gedichtet hatte. Eine Schande.

Holzt mir gut ... die Serbenbrut. Im Frühjahr 1923 dichtete der Priester Otto(kar) Kernstock für die Ortsgruppe Fürstenfeld der NSDAP das "Hakenkreuzlied". Es möge Ihnen erspart werden, wie vieles von dem Fremdenfeindlichen und Blutgetünchten, was dieser Hass-Dichter im Priestergewand reimte.

Schon Karl Kraus nannte ihn treffend den "blutigsten Dilettanten" der zahlreichen mörderisch-patriotischen Dichterlinge. Auch wenn er die Naziherrschaft nicht mehr erlebte und er wohl auch kein aktiver Nationalsozialist war, zeigt doch die Tatsache, dass er das vermeintlich altgermanische Hakenkreuz als Hoffnungszeichen auserwählte, dass endlich auch sein Katholizismus hinterfragt werden darf. Seine menschenverachtende Gesinnung belegt er schon in seiner Dichtung zum I. Weltkrieg, die allein ihn schon unwürdig macht, Straßenschilder zu zieren. Nicht vergessen, dass sein nationalistisches Engagement und sein ausdrücklicher Slawenhass zu Kaisers Zeiten auch gerade noch Mitbürger getroffen hatte, die eben für diesen Kaiser in den Krieg gezogen sind.

            Drum schilt die Deutschen nicht,
            scheints auch zuweilen
            als habe Rost ihr tapfres Schwert belegt.
            Wenn sie die Not zwingt Hiebe auszuteilen,
            ists rasch an Feindesschädeln blank gefegt.

            Steirische Holzer, holzt mir gut
            mit Büchsenkolben die Serbenbrut!
            Steirische Jäger, trefft mir glatt,
            den russischen Bären auf das Blatt!
            Steirische Winzer, presst mir fein
            aus Welschlandfrüchten blutroten Wein!

Symbole. Da nun eben Straßennamen auch symbolische Bedeutung haben und mithin auch zum Ausdruck bringen, wessen die in der Gemeinde verkörperte örtliche Gemeinschaft ehrend gedenken will, ist dieser Umstand nicht gerade ein Lorbeerkranz für die beiden Stadtregierungen. Es geht dabei nicht darum, in halbwegs gesicherten demokratischen Zuständen verspätet den antifaschistischen Helden zu spielen oder Bilderstürmerei zu treiben, oder nachträglich die Vergangenheit umzuschreiben. Es geht darum, "symbolisch" deutlich zu machen, wen und was wir heute für ehrenwert halten.

Erich Fried. Der große Schriftsteller und Lyriker österreichischer Herkunft, Erich Fried, hat in seinem autobiographischen Werk über seine Jugendjahre in Wien (Mitunter sogar Lachen, Berlin 1986) sich auch eigens in einer der Geschichten mit Ottokar Kernstock, dem Schöpfer des Hakenkreuzliedes und der österreichischen Bundeshymne ab 1929, befasst. Er schreibt als Schluss dieser Geschichte:

"Als viele Millionen tot und ermordet waren und das Dritte Reich zertrümmert war, entstand die Zweite Republik Österreich, mit einer neuen Nationalhymne von anderer Hand. Aber dem alten Wechselbalg Ottokar Kernstock haben mindestens einige Österreicher ein liebevolles Andenken bewahrt. Bis heute gibt es einen Ottokar-Kernstock-Platz und eine Ottokar-Kernstock-Straße. Wie hieß doch die Inschrift auf den alten Dolchen der Hitlerzeit? "Die Treue ist das Mark der Ehre."

Wechselbalg. Die beiden von Erich Fried genannten Verkehrswege in Wien wurden zwischenzeitlich umbenannt. So auch in Traun, Ansfelden, Grein und Wels. Was er aber nicht wissen konnte, dass es trotz mehrerer mittlerweile erfolgten Umbenennungen noch immer zu den zwei Vorarlberger Straßen zig solcher in ganz Österreich gibt, faktisch in allen Bundesländern außer Wien, Oberösterreich und Salzburg. Eine beantragte Umbenennung in Hohenems ist vor Jahren gescheitert und hatte dort zur Spaltung der SPÖ Hohenems geführt.

Straßen,  Plätze, Gassen und Alleen "in Gedenken" an den Schöpfer des Naziliedes Ottokar Kernstock:

2 mal in Vorarlberg: Dornbirn, Hohenems;
1 mal in Burgenland: Pinkafeld
3 mal in Kärnten: Klagenfurt, Villach, Völkermarkt
16 mal in Niederösterreich: Bad Vöslau, Berndorf, Brunn am Gebirge, Deutsch-Wagram, Gablitz, Gmünd, Klosterneuburg, Mistelbach, Neunkirchen, Perchtoldsdorf, St. Andrä-Wördern, St. Pölten, Strasshof an der Nordbahn, Waidhofen an der Thaya, Wiener Neustadt
29 mal in der Steiermark: Graz, Hartberg, Haselsdorf-Tobelbad, Hausmannstätten, Kalsdorf bei Graz, Kapfenberg, Knittelfeld, Krieglach, Langenwang, Leibnitz, Leoben, Lieboch, Liezen, Mariazell, Mureck, Mürzzuschlag, Pinggau, Sankt Lorenzen im Mürztal, Voitsberg, Vorau
1 mal in Tirol: Pradl


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