Mittwoch, 8. März 2023

[ #Vorarlberg ] Vorarlbergs "erster" Arbeits-Migrant: Der Steirer-Hans


"Fremdhäßige", weil sie eine andere Kleidung trugen (Vorarlberger Mundart: "Häß" = Kleidung, Gewand),

Im Jahr 1927 kam ein 18jähriger Steirer nach Vorarlberg. Bis zu seinem Tod im Jahr 1939 arbeitete er im "Sternbräu" in Rankweil als Bierbrauer und Bierfahrer. Er war von Nenzing bis Hohenems als der "Steirer-Hans" bekannt, weil sich niemand seinen Nachnamen (Purkathofer) merken konnte oder wollte. Es war wohl dasselbe "Integrationsproblem" wie heute, denn im Vorarlberger Sprachgebrauch waren solche Zuwanderer "Fremdhäßige", weil sie eine andere Kleidung (Vorarlberger Mundart: "Häß" = Kleidung, Gewand) trugen (also "integrationsunwillig" waren). 1930 heiratete der "Steirer-Hans" eine Beamtentochter aus Hohenems, mit welcher er sieben Kinder hatte.

Innerösterreicher-Ausweis. Freilich hat es Zuwanderung auch schon während der Monarchie gegeben. Aber bevor in den 1960ern Arbeitsmigranten aus der Türkei und Exjugoslawien angeworben wurden, wurden solche aus Kärnten und der Steiermark nach Vorarlberg geholt. Schon ab 1955 wurde die Anwerbung von Arbeitskräften in der Steiermark und in Kärnten betrieben. Dieser Zuzug von österreichischen Staatsbürgern, der in kleinerer Zahl schon vor 1955 bestand, war von der Vorarlberger Landesregierung bereits als alarmierend genug empfunden worden, um einen eigenen Lichtbildausweis für innerösterreichische Zuwanderer zu kreieren, was aber vom Verfassungsgerichtshof untersagt wurde. Am Symbol hielt die Landesregierung dennoch fest und stellte ein dunkelgelbes, gefaltetes Kärtchen aus, nur eben ohne Lichtbild.

Alemannen-Erlass. 1945 war ein enger Mitarbeiter (Elmar Grabherr) des Tiroler NS-Gauleiters Hofer Vorarlberger Landesamtsdirektor geworden und leitete nun die Vorarlberger Beamten weiterhin zu "fremdenfeindlicher" Politik an. Nur waren die "Fremden" damals noch Österreicher. Auf eine besondere Art berühmt geworden war sein "Alemannen-Erlass", ein amtsinternes jedoch öffentlich gewordenes Rundschreiben, das empfahl, bei Stellenbesetzungen im Landesdienst, bei der Vergabe von Fördermitteln und dergleichen in erster Linie die "landsmannschaftliche Herkunft" der Bewerber zu berücksichtigen, die sich durch "objektive Tatsachen wie Abstammung (siehe hier u.a. auch Familiennamen), Geburtsort, ehem. Besitz des Heimatrechtes, langjähriger Aufenthalt, Beherrschung der Mundart ..." zu erkennen sei. 

Wir sehen also, schon die österreichischen Arbeitnehmer aus der Steiermärk oder Kärnten wurden in einer deklassierenden Art als "Ausländer" behandelt.


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