Gaßner studierte in Innsbruck und Prag und wurde 1750 in Chur zum Priester geweiht. In Dalaas war er ab 1751 Frühmeßner und 1758 Pfarrer in Klösterle. Bis er zum Exorzisten wurde, sollte noch einige Zeit vergehen. Man mag ihn und seine Techniken heute belächeln, trotzdem gehört er zu den bedeutendsten Vorarlbergern. sogar den Papst in Rom beschäftigte er und er gehört zu den Vorläufern der hypnotischen Behandlungen in der Psychotherapie.
Selbstversuch. Ein Selbstversuch brachte ihn darauf. Heute werden die Auseinandersetzungen mit und um Gaßner zur Frühgeschichte der Hypnose und Psychotherapie gezählt. Johann Joseph Gaßner erkrankte um 1760 heftig an Kopfschmerzen mit Übelkeit und Schwindelgefühlen. Diese Symptome traten hauptsächlich während seiner priesterlichen Obliegenheiten auf. Er trieb sich selbst den Teufel aus, befahl dem Teufel ihm wieder Kopfschmerzen zuzufügen, bekam sie und trieb sie wieder aus.
In der Folge dehnte er diese "Techniken" gegen seine Migräneanfälle auch auf seine Pfarrkinder aus und begab sich auf Wanderschaft. In einem von ihm verfassten Lehrbuch beschreibt er verschiedene Formen der Besessenheit und deren Heilung durch hypnotische Techniken (die er freilich als eine besondere Form des Exorzismus beschrieb). So versuchte er zunächst durch Provokation den Beweis der Besessenheit zu führen. War dieser erbracht, so ließ er zunächst Krämpfe in verschiedene Glieder fahren und die Teufel im Menschen dort verschiedene Gefühle und Verhaltensweisen ausüben. Anschließend befahl er durch die somit erhaltene Macht über diese Teufel, deren verschwinden. Die von Gaßner geschilderten Symptome der Besessenheit würden heute wohl eher dem Formenkreis der Dissoziativen Störung zugeschrieben werden.
Bayern. 1774 ließ er sich in Meersburg nieder, bis ihn der Fürstprobst zu Ellwangen und Bischof von Regensburg einlud, in Ellwangen im Allgäu seine Exorzitien fortzusetzen. Bald kamen bis zu 1500 Kranke und Schaulustige täglich, bis April 1775 sollen es über 20.000 gewesen sein. So entstand allerdings auch ein Treiben, welches den meisten aufgeklärten kirchlichen und vor allem auch den weltlichen Würdenträger bald zu bunt wurde.
Komödienstadel. Aus einem Bericht (zit. Rheticusgesellschaft, Drei Wunderheiler aus dem Vorarlberger Oberland, 1986) geht folgende Darstellung hervor: "Die seltsamen Gebärden, Zuckungen, Stellungen usw., welche die Patienten machten, die Blähungen, die nicht ohne Geräusch abgingen, die Liedlein, die sie sangen oder trallerten, gefielen dem Wunderthäter und dem Haufen der Zuschauer so herzlich, erschütterten oft so angenehm ihr Zwerchfell, dass er sie mehrmals wiederholen, vermehren, abändern und noch lächerlicher werden ließ (...) Die Kapelle, wo sie meistens vorgenommen wurden, wurde oft so sehr vom lauten, schallenden Gelächter erfüllt, daß man sie eher für ein Komödienhaus oder für die Bude eines Zahnbrechers hätte halten sollen, wo einem die lustigst Farce vorgestellt würde".
Schwabenstreiche. Solche lächerlichen Zurschaustellungen waren für viele kirchliche Würdenträger alles andere denn ein gesittetes Exorzieren und manche Aufklärer des schwäbisch - bayerischen Raumes schämten sich ganz einfach für ihre Landsleute zu Tode. Der Herausgeber der Deutschen Chronik (1774) schreibt in voller Verzweiflung: "Der Pfarrer zu Klösterle Gaßner fährt fort, den dummen Schwabenpöbel zu blenden. (...) Und da giebts noch tausend Menschen um mich her, die diesen Narrheiten glauben. Heiliger Sokrates, erbarme dich meiner! Wann hören wir doch einmal auf, Schwabenstreiche zu machen"
Unbefugte Unternehmungen. Im Auftrag des bayerischen Kurfürsten Max III. Joseph und der neugegründeten Bayerischen Akademie der Wissenschaften wurde gar der Magnetiseur Franz Anton Mesmer (er stammte eigentlich aus Konstanz) von Paris nach München gerufen, um in der Causa Gaßner zu urteilen. Dies geschah 1775, vermutlich nach einer Bodenseereise. Diese gutachterliche Tätigkeit Mesmers war anscheinend ausschlaggebend, dass dem Pater Gaßner schließlich weitere öffentliche Auftritte verboten wurden. Dabei war Messmers Wunderheil-Methode nicht weniger umstritten, der Magnetismus passte aber besser als Gaßners modernisierter Hexenwahn in das aufgeklärt-naturwissenschaftliche Zeitalter. Wenn Messner auch in Paris eine Modeerscheinung war, eine von Ludwig den XVI. eingesetzte Untersuchungskommission lies Mesmers Versuch, den animalischen Magnetismus wissenschaftlich anzuerkennen scheitern. Aber sowohl Mesmers "Magnetismus" als auch Gaßners "Exorzismus" werden heute als hypnotische Phänomene begriffen – und waren die Grundlagen für ein schnelles Aufblühen der Hypnose in der Medizin.
Man sollte nicht vergessen, es war die Zeit der Aufklärung und selbst der Salzburger Erzbischof Colloredos wandte sich 1776 eigens in einem Hirtenbrief gegen die "Unternehmungen" des Johann Joseph Gaßner: "Gegen die unbefugten Unternehmungen gewisser Exorcisten." Als Joseph II. ein generelles Verbot des Exorzismus für das gesamte Heilige Römische Reich Deutscher Nation erließ, wurde Gaßner in das kleine Pondorf an der Donau "verbannt", wo er 1778 starb. Heute werden die Auseinandersetzungen mit und um Gaßner zur Frühgeschichte der Hypnose und Psychotherapie gezählt.
Besessenheit. Nach Johann Joseph Gaßner (Nützlicher Unterricht wider den Teufel zu streiten. Kempten, 1774; S. 20.) : "Gleichwie der Satan alle Menschen an der Seele pflegt anzufechten, also kan er auch alle Menschen ohn Unterschied des Geschlechts oder Stands anfechten am Leib, durch Nachahmung der natürlichen Krankheiten. Daher kommt es, daß so viele Menschen unheylbare Krankheiten haben, obwohl sie alle mögliche natürliche Hülfsmittel von denen Arzneyverständigen gebraucht, weil nemlich sehr oft die Krankheit entweder nicht natürlich, oder weil bey dem Natürlichen etwas Unnatürliches sich vereiniget findet. Dessentwegen will ich aber nicht verstanden werden, als wann es keine natürlichen Krankheiten geben sollte, sondern nur andeuten, daß sehr oft Unnatürliche vom bösen Geist gemacht werden, durch eine pure lauter Versuchung, welche man natürlich zu seyn vermeinet, und zwar auf dreyerley Weise, erstlich Physice , oder durch würkliche Schmerzen, auf eine dem Teufel bekannte Weise, applicando activa passivis . Zweytens imaginative durch eingebildeten Schmerzen, da der böse Feind in der Phantasie oder Einbildungskraft, als wie bei einem traumenden Schmerzen vorstellen kann, als wenn sie würklich wären, da sie in der That keine sind. Drittens per naturam, oder daß er natürliche Feuchtigkeiten, Flüß, Geblüt und andere Sachen also weißt, Vermög seines beybehaltenen Verstands, von einem Ort zum anderen zu führen, wodurch das Uebel zugleich natürlich, aber auf und von unnatürlicher Kraft ist verursacht worden."
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- Wahnsinnige Nazis: Suche nach dem Vorarlberger Johann Joseph Gaßner
- Digitalisat des Vorarlberger Teufelsaustreibers Johann Joseph Gaßner online
- Die Exorzismusformel von Johann Joseph Gaßner
- Johann Joseph Gaßner (1727-1779) Teufelsbanner und Wunderheiler
- GASSNER, Johann Joseph, kath. Pfarrer und Exorzist (Bautz - Kirchenlexikon)
- Zu den Anfängen der Hypnose und Psychotherapie in München 1775
- CATHOLIC ENCYCLOPEDIA: Johann Joseph Gassner
- Gassner's exorcism--not Mesmer's magnetism--is the real predecessor of modern hypnosi
- Johann Joseph Gaßner – Regiowiki
- Gaßner, Johann Joseph - Deutsche Biographie
- Gaßner, Johann Josef [Theologe 1727-1779]
- Johann Joseph Gaßner -Wikipedia
- Johann Joseph Gassner, der berühmte Exorzist ( 1878 )
- Peter, B., & Iost-Peter, A. (2014). Der „Fall Wolfart“ oder Das Problem mit dem magnetischen Rapport. Zur Entwicklung der therapeutischen Beziehung in den Anfängen der Psychotherapie. Hypnose-ZHH, 9, 169-207.
- [Google Search] ⇒ Der weltberühmte Exorzist aus Vorarlberg: Johann Joseph Gaßner
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- 6.11.22 [Letzte Aktualisierung - online seit 11.8.10]
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