Freitag, 8. Juli 2022

[ #Montafon ] Montafoner "Hofbrief" vom 1. März 1382

Montafoner Hofbrief
© VLA: Pfarrarchiv Bartholomäberg, Urkunde 313

Der Montafoner „Hofbrief“ ist die älteste erhaltene Urkunde über einen Vorarlberger "Landsbrauch".

Seit dem ausgehenden Mittelalter sind in verschiedenen Teilen Vorarlbergs regionale, für bestimmte Personenkreise verbindliche Rechtsordnungen ("Landsbräuche") nachweisbar, die zunächst als Gewohnheitsrecht mündlich überliefert, schließlich aber niedergeschrieben wurden. Das älteste im Vorarlberger Landesarchiv original erhaltene Beispiel eines Landsbrauchs ist der für die Bewohner des Montafons ausgestellte "Hofbrief". Der Name rührt von ihrer Zugehörigkeit zum Hof St. Peter auf der Platte bei Bludenz her.
Alois Niederstätter: "Im Beisein herrschaftlicher Amtsträger – Ulrich von Brunnenfeld als Meier das Hofs und Hartmann von Braz als Vogt zu Bludenz – wurde das überlieferte Recht der Montafoner geoffnot und der besseren Rechtssicherheit wegen vom Landesherrn, Graf Albrecht III. von Werdenberg-Heiligenberg-Bludenz, verbrieft. Meist gingen solchen Aufzeichnungen Streitigkeiten oder Unklarheiten voraus, so dass die niedergeschriebenen Texte nicht ausschließlich uralte Normen festhalten, sondern durchaus auch Kompromisse und obrigkeitliche Satzungen. Landsbräuche enthalten in erster Linie jene örtlichen Normen, die vom allgemein anerkannten Kanon des 'gemeinen' Rechts abwichen."
Ständische Verfassung. Montafon war auf den Landtagen und anderen ständischen Zusammenkünften durch die zwei Vorgesetzten und den Landschreiber vertreten. Sie waren die Repräsentanten des "Landes Montafon". Denn das Montafon fühlte sich als ein in sich geschlossenes Gemeinwesen auf der rechtlichen Grundlage des Montafoner Landsbrauches. Der Landsbrauch war sozusagen die Rechtsordnung des Montafons, in der das zu jener Zeit geltende Privatrecht, Gerichtsverfassungsrecht, Strafrecht und Polizeirecht festgehalten war. Nach Auflösung der ständischen Verfassung durch die bayrische Herrschaft im Jahre 1806 verlor auch der Montafoner Landsbrauch seine Wirksamkeit.

Landsbrauch. Die Bestimmungen des Montafoner Hofbriefs stellen nach lokaler überhöhter Montafoner Standesgeschichtsschreibung so eine Art Verfassung dar, wie sie ja auch für den Bregenzerwald gerne in Anspruch genommen wird. Die Wirklichkeit dürfte jedoch in der Mitte zwischen Weistümern und Landsbrauch liegen, einer Art Landrecht aus Weisung und Satzung.

Weistümer.  Sie regeln seit dem Spätmittelalter meist das Verhältnis zwischen dem Grundherrn und seinen Hintersassen. Die Bedeutung der Weistümer liegt demnach in Aussagen über die Wirtschafts-, die Sozial- und die Rechtsgeschichte. Viele stellen sich als einfache Zusammenfassung des bäuerlichen Rechtsstoffes und/oder als Vereinbarungen zwischen der bäuerlichen Genossenschaft und der Herrschaft dar. So spielte etwa der herrschaftliche Waldbesitz und dessen Nutzung durch die Bauern auch im Montafon eine Rolle und teilt den Stand Montafon bis heute.

Der Landsbrauch ist also heterogen: Er besteht aus "gewiesenem" Gewohnheits-Recht, aus Kompromissen und Vereinbarungen zwischen den Genossen (Satzung) und mit der Herrschaft als auch obrigkeitlichen (An-)Ordnungen.

Erbrecht. Der Montafoner Landbrauch lässt sich in drei Kategorien teilen: 
  • Gerichtsordnung, 
  • Privilegien der Montafoner in güterrechtlicher Hinsicht und überwiegend: 
  • Erbrechtliche Vorschriften. 
Sie sollten angesichts zersplitterter nachbarschaftlicher Herrschaften und ebensolchen Rechtsystemen den bäuerlichen Familien Rechtssicherheit für ihr Familienleben und über ihr eigenes Leben hinaus für ihre Nachkommen leisten. 


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