Mittwoch, 31. August 2022

[ #Vorarlberg ] Inatura - Die Erlebnis Naturschau in Dornbirn


Die Inatura ist ein einzigartiges Museumskonzept, das Besucher interaktiv an spannende Themen heranführt und Forschung, Naturwissenschaft und Technik mit 4000 Ausstellungsexponaten „begreifbar“ macht und besitzt das Österreichische Museumsgütesiegel  und gilt als das größte und modernste Naturmuseum im Bodenseeraum. 

Die inatura ist sowohl Erlebnisausstellung als auch Dokumentationszentrum über die Natur Vorarlbergs. In der Ausstellung machen multimediale Präsentationen, Spiele und Präparate zum Begreifen die Natur mit allen Sinnen erlebbar. 

Die Science Zones präsentieren verblüffende Phänomene der Physik. Die inatura ist aber auch eine Forschungsstätte, in der die belebte und unbelebte Natur des Landes dokumentiert wird. In Mitteleuropa einzigartig ist die gesetzlich verankerte Stellung des Museums im Naturschutz.

Auf dem Museums-Rundgang durch die Lebensräume des Landes kann man die im Lande lebenden Tiere und Pflanzen aus nächster Nähe sehen. In vielen Experimenten, mit Anschauungsobjekten, Filmen und Bildern lernen Besucher spielerisch gezielte Themen kennen.

Die Inatura ging im Jahr 2003 aus der ehemaligen Vorarlberger Naturschau hervor und wurde auf einem ehemaligen Werksgelände (Rüsch-Werke) inmitten des neuen Dornbirner Stadtparks eingerichtet. Die Rüsch-Werke, in deren Areal die inatura und der Stadtgarten situiert sind, waren ein wichtiger Turbinenbaubetrieb in der Österreich-Ungarischen Monarchie, die führende Maschinenfabrik in Vorarlberg



Stadtgarten. Die inatura liegt inmitten des neuen 25.000 m² großen Stadtgartens von Dornbirn. Mit seinem Dornröschengarten, der Gehölzsammlung mit Bäumen aus allen Weltteilen und schattigen Ruheplätzen bietet er sich als idealen Ort zur Entspannung an. Das inatura-Cafe bietet Köstlichkeiten aus Küche und Keller, die im Sommer auch im Freien serviert werden.

Die ehemalige Montagehalle (Rüsch-Werke) gegenüber der inatura wird vom Kunstraum Dornbirn bespielt. Zeitgenössische Kunst im Spannungsfeld zur Natur steht im Mittelpunkt. Der Kunstraum bietet jenen Künstlern ein Arbeitsfeld, für die die Natur, ihre Geschichte, deren Wahrnehmung, Wissenschaft und Erforschung den zentralen Ausgangspunkt ihrer Arbeit bildet. 

Gesellschafter der Inatura sind das Land Vorarlberg und die Stadt Dornbirn. Der Betrieb wird von der inatura Erlebnis Naturschau GmbH in Dornbirn geführt.

inatura - Erlebnis Naturschau
Jahngasse 9, 6850 Dornbirn
T +43 (0)5572 232 350
F +43 (0)5572 232 358

Öffnungszeiten. Täglich 10.00 - 18.00 Uhr. Für Schulklassen zusätzlich Montag bis Freitag von 08.30 - 10.00 Uhr nach Voranmeldung. Schließtage: 01. Jänner und 25. Dezember


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[ #Bodensee ] Die Vogelwelt um dem Bodensee


Birding Germany ist ein kostenloses Informationsservice (nicht nur) für Vogelbeobachter. 

Ziel ist es, die Nutzer dieser Seite hinsichtlich der vorgestellten Gebiete mit optimalen, d.h. aktuellen und detaillierten Informationen vor allem zu Beobachtungsmöglichkeiten zu versorgen. Hinsichtlich des Bodensses ist dies mit Sicherheit gelungen.

Für die acht (Vogel-)Naturschutzgebiete um den Bodensee werden Vogelarten und Lebensräume vorgestellt. Es werden nicht nur die offiziellen Infos gereicht, sondern auch Pläne und Anfahrtswege kundgetan, die besten Beobachtungszeiten dargelegt und über die regionalen und saisonalen Besonderheiten der Vogelwelt informiert. Für eine Reihe von Vögeln gibt es Spezialinformationen. Das Vorarlberger Rheindelta ist besonders umfassend und sorgsam beschrieben.

Wer sich nicht mit der Vogelwelt des Bodensees begnügen will kann über die Hauptseite weitere deutsche Vogel(schutz)gebiete auf dieselbe Weise in Augenschein nehmen.


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[ #Bodensee ] Bodenseeregion: eine aus Feuer, Eis und Wasser geformte europäische Landschaft


Die Region rund um den BODENSEE ist eine der vielseitigsten Landschaften in Europa. 

Die Region rund um den BODENSEE ist eine der vielseitigsten Landschaften in Europa. Das gesamte Wassereinzugsgebiet vonAlpenrhein, Bodensee und Hochrhein bietet ein nahezu unerschöpfliches Potenzial an Erlebnis- und Wissensstrukturen.

Die Bodenseeregion hat eine unglaubliche Vielfalt von Landschaften auf kleinem Raum: im Süden ragen die zackigen Gipfel der Alpen auf, im Westen die bizarren Formen der Hegauberge. Das Alpenvorland wird durch einen weit gespannten Moränenbogen vom Allgäu über Oberschwaben bis fast zur Donau und nach Schaffhausen umschlossen. In der Mitte dominiert der Bodensee mit dem Alpenrhein, der wie ein Baumstamm in den Alpenkörper hineinragt, und dem Hochrhein, der über den grössten Wasserfall Europas den Bodenseeraum wieder verlässt.

Eine illustrierte Broschüre mit Hinweisen und Informationen zur geologischen Landschafts- und Entstehungsgeschichte der Bodenseeregion steht zum Download online.


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Lohnt sich ein Download. Ein schneller Blick auf den Inhalt sagt mehr:
Eiszeit“ am Bodensee! U2
Die REGIO BODENSEE, eine aus Feuer, Eis undWasser geformte europäische Landschaft 1
Ätna und Vesuv am Bodensee 2
Nur vier Meter für die Menschheitsgeschichte 3
Vom Hegau zum Säntis – das Verbreitungsgebiet der Molasse 4
Haiwarnung am Bodensee! 6
Safari zu Säbelzahnkatzen und Zwergpferden. 7
Sintflut am Untersee und der versteinerte Riesensalamander von Öhningen 8
Von Wetzsteinen und falschem Granit 9
Der Alpstein – vielleicht „das schönste Gebirge der Welt“ 10
Von Schluchten, Bergstürzen und Afrika im Alpenrheintal 12
Von heißem, schwarzem, braunem und echtem Gold 13
Meine Reise mit dem Gletscher 14„
Die mit dem Rentier lebten ...“ 17
Das Findlingsgedicht und Geschichten über den „Mörder“, „Salz-“ und „Öpfelfresser“ 18
Enge Tobel, wilde Schluchten 19
Wir wandern durch ein breites, namenloses Tal 19
Das thurgauische Seebachtal und seine drei Gletscherstauseen 20
Bodenseerheintal – Rheintalbodensee 21
Die „Rheinnot“ und die Zähmung des größten„Wildbachs“ von Europa 22
Das Rheindelta 23
Vom größten Wasserfall Europas 24Reise entlang der Thur 25
Lebend gebärende Pflanzen, Schneckeninseln und andere Strandkuriositäten 26
Wasser, Wasser überall 28
Von blinden Augen, fleischfressenden Pflanzen und bodenlosen Untiefen 29
Von Kristallen, Altsteinzeitmenschen, Höhlenbären und einem Schneckenloch 31
Wo geheimnisvolle Quellnymphen tanzen 32
Landschaft: ein Buch mit sieben Siegeln? – Ein fiktives Interview 34
Trinkwassergewinnung früher und heute 35

Freitag, 26. August 2022

[ #Vorarlberg ] Vorarlberger Käsknöpfle oder Vorarlberger Kässpätzle?




Käsespätzle sind ein vegetarisches Gericht aus den Gebieten Allgäu, Schwaben, der Schweiz und Vorarlberg. 

Kässpätzle sind wohl das bekannteste Spätzlegericht. Besondere Tradition hat es in Schwaben, im Allgäu und in Vorarlberg als Käsknöpfle. Gemeinsam ist den vielen Varianten, dass Spätzle, abgeschmälzte Zwiebeln und verschiedene Käsesorten geschichtet werden.

Typische Käsesorten sind
  • Emmentaler und Bergkäse, aber auch Limburger Käse, Weißlacker-Käse oder Vorarlberger Berg- und Räßkäse. 
  • Der Räßkäse (alemannisch räss/räß ‚scharf, würzig‘, örtlich Räßkäs, schweizerisch Rasskäse) ist ein naturgereifter Schnittkäse aus pasteurisierter Kuhmilch.
  • Nicht nur im Montafon nimmt man als dritte Käsesorte gerne "Sura Kees" (Räßkäse, Bergkäse und Sura Kees).
Beilagen sind oft Blattsalate, meistens aber auch dort deftig: Kartoffelsalat.

Wussten Sie, dass ...

... die Zwiebel besonders knusprig werden, wenn man die geschnittenen Zwiebel, unmittelbar vor dem Rösten in einem Schüsselchen mit Deckel mit wenig Mehl gut durchschüttelt?

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Dienstag, 23. August 2022

[ #Rheintal ] Vom Rheinursprung zum Bodensee

Eine das ganze Tal in der Längsrichtung durchziehende Hauptroute.

"Zur Strukturierung jedes Wanderwegenetzes gehört die Unterscheidung von übergeordneten und lokalen Routen. Für einen Grenzraum stellen sich darüber hinaus Fragen nach dem Verlauf von grenzübergreifenden Hauptrouten.

Mit solchen internationalen Verbindungen wird das Alpenrheintal derzeit durch die 'Via Alpina' und drei das Tal in Richtung Einsiedeln querenden Routen nur in Teilbereichen berührt. Was noch fehlt, ist eine das ganze Tal in der Längsrichtung durchziehende Hauptroute" beginnt Helmut Tiefenthaler den Diskussionsentwurf. Faktisch schlägt er hier einen Kulturwanderweg durch drei Länder vor. Ein wunderschöner Entwurf, dessen Realisierung, d.h. Erwanderung eigentlich nicht warten sollte.

Helmut Tiefenthaler: Routenstudie für einen Rheintalwanderweg Graubünden – Liechtenstein – Vorarlberg

Inhalt
1. Diskussionsentwurf für eine Rheintal-Hauptroute
2. Räumliche und kulturgeschichtliche Voraussetzungen
2.1 Vielgestaltige Landschaften am jungen Rhein
2.2 Eine historische Hauptroute des Nord-Südverkehrs
2.3 Ein Kulturweg durch drei Länder
3. Routenvorschlag
3.1 Verknüpfung vorhandener Wanderwege
3.2 Etappenorte, Höhenunterschiede und Gehzeiten im Überblick
3.3 Teilstrecken mit Varianten
5. Möglichkeiten der Konkretisierung

Helmut Tiefenthaler. Helmut Tiefenthaler verdanken wir ausgezeichnete Beschreibungen der Pilgerwege von und durch Vorarlberg nach Einsiedeln und eine historische Einleitung. Dr Helmut Tiefenthaler, geb. 1941, Studium der Geografie, Geschichte und Philosophie, entwickelte bis 2001 im Dienst des Landes das Vorarlberger Wanderwegekonzept und gilt als einer der besten Kenner des Landes. Buchveröffentlichtungen u.a.: "Wege in die Vergangenheit in Vorarlberg" (2. Auflage 2008), "Wege in die Vergangenheit im Alpenrheintal" (2007), "Vorarlberg – Winterwanderungen" (2. Aufl. 2007) und "Wege in die Natur in Vorarlberg" (2008).


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Donnerstag, 18. August 2022

[ #Vorarlberg ] Vorarlberger Landespatron im Gefängnis


Als Vorarlberger Landespatron gilt der heilige Josef, als "Landesfeiertag" sein Hauptfest, der 19. März. Zu Josefi war auch Lostag der Schwabenkinder.

Sein Namensfest, der 19. März, wird im Abendland zum ersten Mal in martyrologischen Quellen aus Reichenau um 850 erwähnt. Seit dem 9. Jahrhundert nahm seine liturgische und volkstümliche Verehrung immer mehr zu. Der Josefitag am 19. März - am römischen Fest der Miniverva, der Göttin der Handwerker, wird als unmittelbare Konkurrenz zu diesem Glauben gedeutet.

Geschichte. Seit 1621 ist der Tag ein Fest im römischen Kalender, nachdem der Josephskult seit dem 14. Jahrhundert besondes von Bettelorden gefördert wurde. Papst Clemens X. erhöhte 1670 den Rang des Festes; 1714 bereicherte Papst Clemens XI. das Fest mit einem eigenen Messformular und Offizium; Papst Benedikt XIII. fügte Josephs Namen in die Allerheiligenlitanei ein. Papst Pius IX. ernannte Joseph 1870 zum Patron der ganzen katholischen Kirche, Papst Pius XI. ernannte ihn 1937 zum Patron all derer, die den Kommunismus bekämpfen.

Österreich. Die Habsburger erkoren Joseph zu ihrem Hausheiligen. Nachdem Kaiser Ferdinand II. 1620 mit einem Bild des Heiligen in die Schlacht am Weißen Berg bei Prag gezogen war und den Sieg errang, wurde der Josefstag im Habsburger Reich zum Feiertag.

1771 erwirkte hingegen die Maria Theresia beim Papst für Österreich eine gestraffte Feiertagsordnung. Zudem befahl sie, statt den Ortspatrozinien künftig nur noch das Fest eines gemeinsamen Landespatrons zu feiern. Für die Provinz Vorderösterreich, zu der Vorarlberg damals gehörte, einigten sich die zuständigen Bischöfe 1772 auf den hl. Josef. Gleiches geschah für Tirol, Kärnten, Krain und Steiermark, die ebenfalls mehreren Bischöfen unterstanden. Der hl. Josef galt als Patron des Hauses Österreich und des Heiligen Römischen Reiches. Damit war er für die Bischöfe, die meist selbst Reichsfürsten waren, ein guter Kompromiss. Damit konnte er aber in keinem "seiner" Länder zu einer populären Identifikationsfigur werden. In Vorarlberg, das ab 1782 wieder von Innsbruck aus verwaltet wurde, galt er zudem weithin als "Tiroler".

Die austrofaschistische Regierung Dollfuß schloss im Juni 1933 mit dem Apostolischen Stuhl ein Konkordat, in dem auch die Frage der Feiertage geregelt wurde. In der heute noch verbindlichen Liste fehlen sowohl der Josefitag wie alle anderen Landespatronate. Damit sind sie in Österreich seit 1934 keine kirchlich gebotenen Feiertage mehr.

Vorarlberg. Als Landespatron erlangte der hl. Josef in Vorarlberg aber erst in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg Bedeutung, als Josefi emotional zu einem "alemannischen" Landesfeiertag aufgeladen wurde. Die Heiligen Gebhard und Fidelis stiegen mit der Errichtung der Diözese Feldkirch 1968 "nur" zu Diözesanpatronen auf. Landespatron blieb der hl. Josef.

Gefängnis. "Einen ausdrücklichen Bezug auf das Vorarlberger Landespatronat habe ich bisher nur in einem Fall gefunden: Seit 1905 mahnen Statuten des Stadt-Patrons Nikolaus und des Landespatrons Josef in der Gefangenenkapelle des Landesgerichts Feldkirch zu einer christlichen Lebensführung." (Ulrich Nachbauer, Landesarchiv, 2003)

Beamtenfeiertag. Es gibt ihn nicht, nicht als Rechtsquelle, weder staatsrechtlich noch kirchenrechtlich. Als Vorarlberger Beamtenfeiertag wurde er auch aus den Vorarlberger Rechtsquellen bereits eliminiert und Vorarlberg hat einen Feiertag eingespart: 1970 wurde er aus dem Land- und Forstarbeitsgesetz gestrichen, 1971 ist er aus dem Gemeindebedienstetengesetz verabschiedet und in das Landesbedienstetengesetz ist er erst gar nicht aufgenommen worden. Die Landesregierung kann zwar fünf Tage im Jahr durch Verordnung für die Landesbediensteten dienstfrei erklären, der 19. März als Tag des "Landespatrons" ist nicht dabei.

Schulzeitgesetz. Zwar ist im Schulzeitgesetz des Bundes bestimmt, dass am "Festtag des Landespatrons" schulfrei sei. In den Vorarlberger Ausführungsgesetzen für die Pflichtschulen steht kein Wort vom Hl. Josef, sondern nur vom 19. März. Im "Landeszeremoniell" wurde zuletzt der 19. März als "Landesfeiertag" als Rahmen für die Verleihung von Landes- und Bundesauszeichnungen genutzt.

Josefi. Auch wenn die Landesverfassung den Landespatron nicht zu den offiziellen Landessymbolen zählt,  gilt laut Landesregierung der Heilige Josef als Landespatron und als "Landesfeiertag" sein Hauptfest, der 19. März. 

Vorarlbergs Schulkinder haben zwar an diesem Tag schulfrei, obwohl es den Landespatron juristisch gar nicht gibt. Der "Landesfeiertag" wurde klammheimlich wieder eliminiert. Treibende Kraft war wohl die Handelskammer, da Gewerkschaften (insbesondere die im Handel beschäftigten) auf einen kollektivvertraglich verankerten Landesfeiertag drängten. Die Landespolitik hat jedoch still und leise den Landesfeiertag und den Gedanken oder das Gedenken an den Landespatron damit abgeschafft.

Sklavenmarkt zu Josefi. Nichtsdestotrotz könnte der Josefitag ein Denktag sein: Immer zu Josefi begann das Sklavendasein der Schwabenkinder, der Vorarlberg Kinder, die ins Schwabenland verschickt wurden. Mit gemischten Gefühlen sahen dem Josefitag jährlich Vorarlbergs Kinder entgegen, denn zu diesem Zeitpunkt wurden sie "ins Schwabenland geschickt". Aus der Überlieferung wissen wir, dass über zehn Jahre alte Kinder aus kinderreichen oder ärmeren Familien ins "Schwabenland" geschickt wurden. Bereits um Lichtmeß nahm ein erfahrener Mann "Bestellungen" auf und dann zwei Tage vor Josefi holte er die Gemeldeten mit ihrem "Hääßrucksäckle" ab und es ging auf die Reise. Nach dem Gottesdienst am Josefitag fanden sich traditionsgemäß reiche schwäbische Bauern und holten sich ihre billigen Kinder-Arbeitskräfte vom Sklavenmarkt.

Noch bis weit ins 20. Jahrhundert wurden Kinder aus armen Bergdörfern in Vorarlberg, Tirol und Graubünden auf oberschwäbischen Märkten an reiche Bauern verkauft. Bis zu 5000 Schwabenkinder gingen jährlich als Saisonarbeiter auf die Walz. Für die einen war es der ersehnte Abschied vom Hunger, für die anderen war es ein Sklavendasein, ausgeliefert der Willkür des Arbeitgebers. Während Kinderarbeit in der Industrie für Kinder unter zwölf Jahren ab 1878 verboten wurde, blieb sie in der Landwirtschaft Deutschlands bis 1960 unbegrenzt erlaubt. Dem notorischen Arbeitskräftemangel in Oberschwaben schafften die Schwabenkinder Abhilfe – nachweislich seit dem 16. Jahrhundert. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts auf ihrem Höhepunkt endete die Schwabengängerei erst in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts!


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[ #Vorarlberg ] Weitwanderwege in und durch Vorarlberg


Wandern in und durch Vorarlberg bringt einerseits Natur und Baukultur in Vorarlberg näher. 

Zur Natur und Kultur kommen auch Erfahrungen und Einsichten der Geschichte und Migration. Überregionale Weitwanderwege verbinden uns nicht nur mit den Nachbarn mit denen wir ja durch die Natur und Nachbarschaft stets verbunden waren und zeigen auch ein bisschen die "Willkürlichkeit" von Grenzen in einem modernen Europa auf.

Ein Sonderdruck aus MONTFORT, 57. Jg. 2005 Heft 4 gibt einen Überblick über den Verlauf der verschiedenen Weitwanderwege durch Vorarlberg. Der Autor des Beitrages ist Helmut Tiefenthaler.

Unter anderem werden die Weitwanderwegen des Alpenvereins, die Europäischen Fernwanderwege  oder die Via Alpina dargestellt:

Internationaler Bodenseeweg
Die Ost-West-Weitwanderrouten des Alpenvereins
Europäische Fernwanderwege
Der Große Walserweg
Hauptrouten nach den Leitlinien des Vorarlberger Wanderwegekonzeptes
Neue Konzepte für Weitwanderwege
Überregionale Pilgerwege
Via Alpina
Via Valtellina
Routen quer durch Vorarlberg
Vorarlberger Rheintal-Höhenweg
Das Projekt Arlbergweg

Helmut Tiefenthaler. Helmut Tiefenthaler verdanken wir ausgezeichnete Beschreibungen der Pilgerwege von und durch Vorarlberg nach Einsiedeln und eine historische Einleitung. Dr Helmut Tiefenthaler, geb. 1941, Studium der Geografie, Geschichte und Philosophie, entwickelte bis 2001 im Dienst des Landes das Vorarlberger Wanderwegekonzept und gilt als einer der besten Kenner des Landes. Buchveröffentlichtungen u.a.: "Wege in die Vergangenheit in Vorarlberg" (2. Auflage 2008), "Wege in die Vergangenheit im Alpenrheintal" (2007), "Vorarlberg – Winterwanderungen" (2. Aufl. 2007) und "Wege in die Natur in Vorarlberg" (2008).


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[ #Rheintal ] Die Feldhasen in Vorarlberg

Die "Osterhasen" sind vor allem im Rheintal heimisch. Statt der Jäger fürchten sie mehr um ihren Nachwuchs wegen der Krähen, Füchse und Elstern.

Der Feldhase lebt in der offenen Kulturlandschaft und leidet naturgemäß unter den massiven Veränderungen des Kulturlandes der letzten Jahrzehnte. Er kommt in flachen Landschaftsformen, hauptsächlich im Grünland vor. Ursprünglich ein Steppenbewohner, hat er doch eine Vorliebe für Kulturnähe, lebt aber genauso auch in Laubwäldern, Heide, Dünen und Sumpfgebieten.

Das natürliche Verbreitungsgebiet erstreckt sich über ganz Europa, von Portugal über Nord-West-Europa (Großbritannien) bis Russland und im Süden von Italien bis Griechenland. In unseren Kulturlandschaften fühlt er sich in grossen Feldgebieten am wohlsten. Doch ist sein Lebensraum heute eng geworden. Auch in unserem Land. Müllberge immer größer werden haben zusätzlich die Feinde der jungen Hasen befördert: Krähen, Füchse und Elstern haben die jungen Häschen im Auge und auf dem Speisezettel.

Quelle: Vorarlberger Jägerschaft
Einzelgänger, dämmerungs- und nachtaktiv. Der Feldhase besitzt nicht wie das Kaninchen einen Bau sondern ruht tagsüber in einer Mulde. Deswegen sind die Jungen des Hasen Nestflüchter und schon bei der Geburt mit einem dünnen Fell und offenen Augen weit entwickelt. Nahrungsgrundlage stellen das ganze Jahr über Wildgräser, Wurzeln, Früchte, Beeren, Pilze, Knospen, Kräuter und gerne auch die Rinde von Waldbäumen oder Kulturbäumen dar. Die Lebenserwartung der Feldhasen beträgt etwa zwölf Jahre.

Da der Feldhase ein nachtaktives Tier ist, erfolgen die Zählungen nachts. Mit einem Fahrzeug fahren die Zählequipen im Schritttempo eine vorgeschriebene Route ab. Mit Scheinwerfern wird dabei die offene Landschaft abgeleuchtet. Die im Scheinwerferlicht auftauchende Hasen werden auf einer Karte eingetragen.

Von der Schweizerischen Vogelwarte Sempach, welche jährlich die Feldhasenpopulation in der Schweiz untersucht, wurde im Auftrag der inatura auch ein Feldhasen-Monitoring in Vorarlberg, im unteren Rheintal, durchgeführt. In der Schweiz wurden 1947 auf der Jagd noch etwa 70.000 Feldhasen erlegt. Keine andere Tierart erreichte je so hohe Abschusszahlen. Seither ging es mit dem Feldhasen immer mehr bergab, 2000 wurden noch 2.584 Hasen geschossen. Knapp die Hälfte der Schweizer Kantone verzichten heute auf die Hasenjagd überhaupt. Mehr als die Hälfte der Hasen werden im Kanton Graubünden erlegt.

Volkszählung beim Vorarlberger Feldhasen. Die Ergebnisse stehen als PDF-Datei online zur Verfügung und können hier über unsere Links heruntergeladen werden. Da der Feldhase ein nachtaktives Tier ist, erfolgen die Zählungen nachts. Mit einem Fahrzeug fahren die Zählequipen im Schritttempo eine vorgeschriebene Route ab. Mit Scheinwerfern wird dabei die offene Landschaft abgeleuchtet. Die im Scheinwerferlicht auftauchende Hasen werden auf einer Karte eingetragen.

Osterhasenhabitat Fußach. Die untersuchten Vorarlberger Zählgebiete umfassen die wichtigsten Lebensräume des Feldhasen in Vorarlberg. Von den fünf Gebieten zeigen Hard-Lauterach und Lustenau anhaltende Bestandszunahmen, während die Feldhasenbestände in den Gebieten Gaissau-Höchst, Fussach und Dornbirn eher zu stagnieren scheinen. Mit 9–14 Feldhasen/100 ha im Jahr 2005 sind die Dichten als gering bis mittel zu bezeichnen. Fußach verzeichnet mit 2 Feldhasen/100 ha eine sehr tiefe Dichte.

Trotzdem liegen die Feldhasendichten in den Vorarlberger Untersuchungsgebieten im allgemeinen höher als in den St. Galler und den übrigen Schweizer Gebieten. Gründe für die höheren Feldhasendichten liegen in den Landschaftsstrukturen und in der landwirtschaftlichen Nutzung. Ein Faktor, der Feldhasenbestände signifikant beeinflussen kann, ist nämlich die Raumgrösse. Unzerschnittene Räume sind wichtig für den Feldhasen. Sie meiden die Nähe von Strassen. Im Rheindelta und im Lustenauer Ried bestehen grössere unzerschnittene Landschaftsräume, zwei davon mit einer Fläche über 500 ha. In Fussach sind die Landschaftsräume am kleinsten und übersteigen 100 ha nicht. In diesem Zählgebiet wurden auch die tiefsten Feldhasendichten ermittelt.

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Dienstag, 16. August 2022

[ #Satteins ] Johann August Malin - Ein Arbeiter als Geologe


Der Vorarlberger Autodidakt arbeitete unter anderem über die geologische Beschaffenheit der Umgebung des Schwarzen Sees.

Johann August Malin (*22. September  1902 als Sohn eines Lohnstickers in Satteins) war nach der Volksschule Bauarbeiter am Spullerseewerk, dann jahrelang arbeitslos. In dieser Zeit bildete er sich selbständig zum Geologen aus. Zugleich schrieb er Eingaben und Gesuche an Behörden und Gerichte für Personen, die sich einen akademischen Rechtsbeistand nicht leisten konnten. Ab 1940 organisierte er eine antifaschistische Widerstandsgruppe im Raume Feldkirch, als deren Anführer er am 9. November 1942 in München-Stadelheim hingerichtet wurde.

Seine wissenschaftlichen Ambitionen galten besonders der Geologie, bleibendes Dokument dieser Tätigkeit ist eine Publikation zur geologischen Beschaffenheit der Umgebung des Schwarzen Sees. Zugleich engagierte er sich in Vorträgen und Artikeln für die Weiterbildung der sozial von den üblichen Bildungsmöglichkeiten ausgeschlossenen Bevölkerungsgruppen.

Inhalt
  • Ein Arbeiter wird Geologe. Die geologischen "Lehrjahre" / Funde und Entdeckungen 1929-1937 / Gebirgsstudien / Erdrutsch-Studien  
  • Geologie und Volksbildung. Die "Vorarlberger Urania" Lichtbildervorträge / Geologische Exkursionen  
  • Der unermüdliche Kampf um Anerkennung der angewandten Geologie. "Denkschrift" (1938) / Steinbruchkartei  
  • Die Monographie über den "Schwarzen See"  
  • Die geologischen Gutachten. Elektrizitätswerk Frastanz / Sicherung der Brandnerstraße  
  • Zusammenfassung und Würdigung  
  • Anmerkungen  
  • Übersicht über die geologischen Arbeiten Malins  
  • Verwendete Literatur  
  • Verzeichnis der Abbildungen  
  • Verzeichnis der Fachausdrücke

Verlagsinformation.   sperrung - mitteilungen der johann-august-malin-gesellschaft nr. 3 - Klaus Fessler: Ein "steiniger" Weg. Das geologische Schaffen Johann August Malins (1902-1942), 1986, 42 Seiten, br., öS 30,- / € 2,18

Malin-Gesellschaft. Die Johann-August-Malin-Gesellschaft widmet sich der Erforschung der Vorarlberger Zeitgeschichte, und hier besonders ihren lange vernachlässigten Themen wie Antisemitismus, Austrofaschismus und Nationalsozialismus. Sie bringt sich auch in öffentliche Debatten zu diesen Fragen ein. Diese Publikation und ihre freundliche kostenfreie Online-Stellung ist ein Teil dieser auch sonst beachtenswerten Tätigkeit.

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[ #Bregenz ] Der Kriegsdienstverweigerer Ernst Volkmann (*3.3.1902-†9.8.1941)


Ebenso wie der oberösterreichische Bauer Franz Jägerstätter war Ernst Volkmann (* 3. März 1902 in Schönbach, Böhmen; † 9. August 1941 in Brandenburg an der Havel) aus Bregenz einer der ganz wenigen aufrechten Menschen, die ihre Vorstellungen von Recht und Gerechtigkeit bis zur letzten – in ihrem Fall tödlichen – Konsequenz vertraten.
Ohne sich beirren zu lassen, hat Ernst Volkmann auf die Stimme seines Gewissens gehört und ist seiner christlichen Überzeugung gefolgt. Er hat sich weder verführen noch erpressen lassen, sondern mit seiner einsamen Entscheidung ein eindeutiges Zeichen gegen das Unrecht und die Barbarei gesetzt.

Gitarrenbauer. Ernst Volkmann verweigerte aus christlich-religiöser Überzeugung heraus den Fahneneid auf Adolf Hitler. Er wurde deswegen zum Tode verurteilt und am 26. Juli 1941 in Berlin hingerichtet.

Ernst Volkmann wurde am 3. März 1902 in Schönbach an der Eger (Sudetenland) geboren. 1927 ließ er sich in Bregenz als Gitarrenbauer nieder. Er heiratete und lebte mit seiner Familie im Haus neben der Stadtpfarrkirche St. Gallus, wo er häufig Mesnerdienste versah.


Kriegsdienstverweigerer. Mehrmals unterließ es Volkmann, der Aufforderung zur Wehrerfassung im Wehrmeldeamt nachzukommen, sodass im Frühjahr 1940 eine Anzeige erfolgte. Obwohl Volkmann in einer medizinischen Untersuchung Zurechnungsfähigkeit beschieden worden war, ließ Richter Dr. Erne aber das darauf folgende Verfahren einstellen.

Als Ernst Volkmann im Februar 1941 dann zur Wehrmacht nach Lienz eingezogen wurde, ließ er den dortigen Kompanieführer wissen, dass er den Eid auf den Führer verweigere, da seine religiöse Anschauung nicht mit dem Nationalsozialismus vereinbar sei. Erneut wurde ein psychiatrisches Gutachten erstellt, wieder wurde darin die Zurechnungsfähigkeit Volkmanns festgestellt.

Der Fall gelangte vor das Salzburger Divisionsgericht und, als Volkmann weiterhin standhaft blieb, an das Reichskriegsgericht in Berlin. Bei der dortigen Hauptverhandlung am 7. Juli 1941 wurde Volkmann bedroht und erniedrigt, dennoch bewies er erneut seine Charakterstärke und erklärte, dass sein Einsatz in der Wehrmacht nur dem Nationalsozialismus dienen würde. Die Ableistung des Fahneneides sei für ihn eine Vergewaltigung seiner sittlichen Freiheit.

Gnadengesuch abgelehnt. Ernst Volkmann wurde am 7.7.1941 vom Reichskriegsgericht in Berlin-Charlottenburg zum Tod verurteilt, ein Gnadengesuch seiner Frau wurde abgelehnt. Am 26. Juli 1941 fand in Berlin-Plötzensee die Hinrichtung statt. Seine letzte Sorge, so der Gefängnispfarrer, habe seiner Frau und seinen drei Kindern gegolten, die in Bregenz zahlreichen Belästigungen durch NS-Fanatiker ausgesetzt waren.


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Sonntag, 14. August 2022

[ #Feldkirch ] Schicksalsbahnhof Feldkirch


"Dort drüben auf den Schienen wurde 1915 das Schicksal des Ulysses entschieden" heißt es auf einer Tafel, die der Kulturkreis Feldkirch 1994 in der Halle des Bahnhofs angebracht hat. Dr. Ulrich Nachbaur vom Landesarchiv Vorarlberg zählt weitere Personen auf, denen der Bahnhof Feldkirch Schicksal wurde: James Joyce, Thomas Mann, Stefan Zweig, Jura Soyfer, Carl Zuckmayr, Walter Mehring, Leon Askin, Hertha Pauli, Gina Kaus, Karl Furcht, Ernst Lothar, und ...

Ende 2001 haben die ÖBB die vom Kulturkreis Feldkirch am Bloomsday 1994 über den Fahrkartenschaltern montierte Gedenktafel durch eine besonders anschauliche und auffällige Präsentation des literarhistorischen Joyce-Zitates ersetzt: "Dort drüben auf den Schienen wurde 1915 das Schicksal des Ulysses entschieden" ("Over there, on those tracks the fate of 'Ulysses' was decided in 1915"). Dr. Ulrich Nachbaur vom Landesarchiv Vorarlberg zählt weitere Personen auf, denen der Bahnhof Feldkirch Schicksal wurde.

James Joyce, Thomas Mann, Stefan Zweig, Jura Soyfer, Carl Zuckmayr, Walter Mehring, Leon Askin, Hertha Pauli, Gina Kaus, Karl Furcht, Ernst Lothar, und ... Der Bahnhof Feldkirch, in Friedenszeiten ein Bahnhof wie jeder andere auch, in Kriegs- und Umbruchszeiten ein Tollhaus. Dr. Ulrich Nachbaur vom Vorarlberger Landesarchiv zählt weitere Personen auf, denen der Bahnhof Feldkirch zum Schicksal wurde (In: Rheticus Vierteljahresschrift der Rheticus-Gesellschaft 1998, Heft 3/4, S. 273-294 Flucht und Grenze in der Literatur).

Schon im I. Weltkrieg eine Drehscheibe. Im Institut St. Josef am Ardetzenberg wurde eine große Zensurstelle eingerichtet. Gegen 50 Offiziere und 500 Mann aller Sprachgruppen der Donaumonarchie kontrollierten den Postverkehr. Die Zensurstelle diente nicht zuletzt dem Nachrichtendienst.

Am Grenzbahnhof Feldkirch wurde Stefan Zweig dann am 23. März 1919 Zeuge, wie Karl von Habsburg-Lothringen ins Schweizer Exil reiste. Darüber berichtete er in seiner Autobiographie "Die Welt von Gestern", die 1942 posthum erschien:

"Bei der Rückkehr nach Österreich über die Grenzstation Feldkirch stand mir ein unvergeßliches Erlebnis bevor. Schon beim Aussteigen hatte ich eine merkwürdige Unruhe bei den Grenzbeamten und Polizisten wahrgenommen. Es kam der Glockenschlag, der das Nahen eines Zuges ankündigte. Die Polizisten stellten sich auf, alle Beamten eilten aus ihren Verschlägen. Langsam, majestätisch rollte der Zug heran, ein Zug besonderer Art, ein Salonzug. Die Lokomotive hielt an. Eine fühlbare Bewegung ging durch die Reihen der Wartenden, ich wußte immer noch nicht warum. 
Da erkannte ich hinter der Spiegelscheibe des Waggons hoch aufgerichtet Kaiser Karl, den letzten Kaiser von Österreich und seine schwarzgekleidete Gemahlin, Kaiserin Zita. Ich schrak zusammen: Der letzte Kaiser von Österreich, der Erbe der habsburgischen Dynastie, die siebenhundert Jahre das Land regiert, verließ sein Reich! Weil er die formelle Abdankung verweigerte, hatte die Republik seine Abreise erzwungen. Nun stand der hohe ernste Mann am Fenster und sah zum letzten Mal die Berge, die Häuser, die Menschen seines Landes. ..."
Deutscher Grenzbahnhof ab 1938. Entscheidende Bedeutung aber sollte der Bahnhof mit dem "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich im Jahre 1938 erhalten. Schon bein Anschluss erwiesen sich die Vorarlberger Nazis derart agressiv, dass sogar die deutschen Behörden zur raschen Reorganisation des Grenzregimes greifen mussten: Die einheimischen Vorarlberger SS- Leute zeigten sich in ihren schwarzen Uniformen jedenfalls von ihrer übelsten und brutalsten Seite. Die am 13. März 1938 am Bahnhof Feldkirch angereisten Juden wurden mit “Saujud” angeschrien und wurden ihnen die Fingerringe abgezogen, den Frauen der Schmuck heruntergerissen.


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    [ #Ludesch ] Der Kaiserin Sisi Vorarlberger Wellness-Guru: "Net lugg lo"


    War Dr. Ludwig Seeger als Landarzt in Ludesch nur für die "Wehwehchen" der Blumenegger zuständig, so war er nach seinem Umzug nach Wien höchstpersönlicher Trainer von Kaiserin Elisabeth (im Volksmund Sisi).

    "Net lugg lo" heißt der dichterischer Wahlspruch und der einzige Gedichtband des Vorarlberger Arztes Ludwig Seeger und gehört damit in der Vorarlberger Literaturgeschichte in die erste Reihe der frühen Mundart-Dichter. Weniger beachtet sind seine Leistungen als Arzt, Lebensreformer, Pionier der Ergonomie und Fitness- und Ernährungsprogramme.
    Bild aus Seegers Buch: "Diätische und ärztliche Zimmer-Gymnastik für beide Geschlechter und jedes Alter", Wien (1878)
    © Wikimedia Commons

    Anleitung und Behelfe zur richtigen und gesunden Schreibhaltung. Wer denkt daran, dass sich der kaiserliche Wellnessberater mit den ergonomischen Problemen der Beamten und Fabricsangestellten, der Schüler und der schreibenden Arbeiter auseinandersetzt. Schon 1876 publizierte er die Broschüre "Anleitung und Behelfe zur richtigen und gesunden Schreibhaltung". Bildschirmarbeit und Schreibmaschine gab’s zwar noch nicht, wenngleich die Erfindung der Schreibmaschine schon im Gange war und die kaiserlichen Gutachter den Wert der Erfindung Peter Mitterhofers noch nicht erkennen wollten. So war das "Wiener Modell 1869" bereits mit Volltastatur und Walze sowie mit Lettern als Typen ausgestattet und stellte bereits eine gebrauchsfähige Schreibmaschine dar. Sie wurde zwar für 200 Gulden vom Wiener Hof angekauft und als Geschenk von Kaiser Franz Joseph I. in die Modellsammlung des Polytechnischen Institutes aufgenommen, aber sichtlich als Spielerei, Spinnerei und Tüftlerei verstanden, nicht als technologischen Fortschritt. Daraus allein lässt sich schon die Fortschrittlichkeit Ludwig Gabriel Seegers - vulgo "Seeger an der Lutz" erkennen. Und dass es seinen ergonomischen Ratschlägen eigentlich nicht viel besser beschieden war, das zeigt sich an der bis in die heutigen Tage andauernden Diskussion um die Ausstattung der Schulen mit ergonomisch vertretbaren Stühlen für die Kinder! Bereits zu Seegers Zeiten gab es - selbstredend nur in vornehmen privaten Schulen - bereits nach seinen Plänen gebaute ergonomisch verstellbare Schülertische und Stühle.

    Wellness. Ludwig Gabriel Seeger war als Arzt in Ludesch ab 1856 tätig und übersiedelte nach dem Tod seines Vaters nach Wien, wo er sich einen größeren Wirkungskreis als Heilgymnastiker erwartete. So die offizielle Geschichtsschreibung. Die inoffizielle weiß davon zu erzählen, dass er seinen Zeitgenossen gegenüber ein scharfer Beobachter war, der sich mit seinen Gedichten und Aktivitäten nicht nur Freunde machte. Der Konflikt mit der Kirche führte schlussendlich sogar zu seiner "Vertreibung" aus der Provinz, ins "Exil" nach Wien. Wie dem auch sei, die an sich gänzlich unpolitischen und um Gesundheit bemühten Werke das "Das Zimmerturnen mit Kugelstab, Hantel und Wurfnadel" (1863) oder das gar im damaligen Geiste geradezu emanzipatorische "Diätetische und ärztliche Zimmer-Gymnastik für beide Geschlechter (sic!) und jedes Alter" (2. Aufl. 1878) werden in der Provinz und bei der Geistlichkeit nicht unbeachtet gebliebenes "Treiben" gewesen sein.

    "Wenn ma rupft an'ra Kutta nu a bitzle am Som,
    so gnappan d'r alle bis ahe gi Rom".

    Citoyen. Jedenfalls trat er für den Bürger ein. Als Wiederbegründer des Blumenegger Schützenvereines, Gründer des Blumenegger Männerchores und Gründer der Ludescher Feuerwehr setzte Dr. Ludwig Seeger deutliche Zeichen. Als "Querdenker" stand Dr. Ludwig Seeger auch hinter der liberalen Presse und damit im Kreuzfeuer des Klerus. Da war sogar vom "lutherischen Dorf" (Ludesch) die Rede. Der Überlieferung zufolge soll der junge Kaplan Anton Walter als Prediger in Ludesch gegen die liberale Presse zu Felde gezogen sein, sodass schließlich nur noch in vier Ludescher Haushalten die "kirchenfeindliche" Feldkircher Zeitung gelesen wurde. Seeger wird dabei als "Seele der kirchenfeindlichen Bewegung" zitiert. Mit seinem "Net lugg lo" hat er den Generationen danach einen Auftrag hinterlassen und mit "Gibile Gäbile Rechazah, s'Wib isch Meister und net dr Ma" hat Seeger bereits der Emanzipation das Wort geredet. Mit der Lebensweisheit "Bist grad wia-na Latta, stoßt öftermol aa. Bist krumm wia-n-an Schwiischwanz, bist no letzter dra" hält Dr. Ludwig Seeger den Spießbürgern den Spiegel vors Gesicht.

    A Wässerle, so kli und klar,
    ma ment, as künn nit si -
    und doch, es grift vertüflet a,
    ’s ist Kriesewasser gsi!

    Net lugg lo. Im "Exil" in Wien bewährt sich Ludwig Seeger. Als Lebensreformer zählte auch die damals noch junge Elektromedizin zu Seegers Forschungsgebieten. Und so baute er ab den 1860er Jahren im Wiener Krankenhaus auf der Wieden eine entsprechende Abteilung auf, die später dann von seinem Sohn Ludwig Eduard Seeger (1862-1927) übernommen wurde. Er wirkte also in Wien einerseits als Elektrotherapeut und Leiter der Station für elektrische Behandlung am Krankenhaus Wieden (Man vergegenwärtige sich: 1884 begann Siegmund Freud "nervöse" Krankheiten mit der Elektrotherapie zu behandeln. 1860 begannen amerikanische Zahnärzte, Gleichstrom zur Lokalanästhesie einzusetzen. 1859 ließ sich der Zahnarzt Oliver die Elektroanästhesie sogar patentieren).

    Anderseits hatte er auch seine eigene, von ihm gegründete Anstalt für orthopädische Gymnastik im ersten Bezirk in Wien, wie er überhaupt zu den Pionieren dieser Bewegung zu zählen ist. Zu seiner Klientel zählten die höchsten Kreise der Geburts- und Geldaristokratie, ebenso die so beliebte Kaiserin "Sisi". Immerhin war Dr. Seeger einige Jahre als Landarzt in Ludesch nur für die "Wehwehchen" der Blumenegger zuständig und nach seinem Umzug nach Wien nun höchstpersönlicher Trainer von Kaiserin Elisabeth (im Volksmund Sisi). Sie hielt sich mit den von Seeger eigens entwickelten Trainingsgeräten fit und folgte brav seinen aufgezeichneten Übungsanweisungen. Er entwickelte spezielle Übungsreihen mit seinen Turnstäben, Kugelstab, Hantel, Ringe, Wurfnadel, Schaukel, Turnstuhl und Stangenreck als "Turnbehelfe". Mit seiner Vortragsreihe "Rationelle Volksernährung" darf man ihn auch als Vorreiter der ganzheitlichen Ernährungsberatung nennen.


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