Freitag, 11. November 2022

[ #Bludenz ] Das Schloss Bludenz - "Gayenhofen"


Das Schloss Gayenhofen von dem italienischen "Gastarbeiterkind" Giovanni Gaspare Bagnato gebaut.

Die Grafen von Werdenberg erbauten zwischen 1222 und 1245 als Mittelpunkt der gräflich-werdenbergisch-heiligenbergischen Herrschaft bzw. der Herrschaft Bludenz eine Burganlage. Damit war auch Bludenz neben Bregenz und Feldkirch im Mittelalter eine befestigte Stadt in Vorarlberg.

Barockschloss. Das Barockschloss auf dem Felsen oberhalb der Stadt und auch dessen Vorläufer, die alte Burg, wurden vor dem 19. Jahrhundert nie „Gayenhofen“ genannt. In den alten Schriftstücken ist immer nur vom „Schloss Bludenz“ die Rede. Es lässt sich mittlerweile dank der Forschungen von Manfred Tschaikner auch nachvollziehen, wie man gerade auf diese Bezeichnung gekommen ist: nämlich durch eine bewusste oder unbewusste Verwechslung. Die erhaltenen archivalischen Quellen zeigen, dass hinter der Bezeichnung „Gayenhofen“ ein ähnliches historisches Missverständnis steckt wie hinter dem Namen der Bürser Burg „Rosenegg“, den es in dieser Form ebenfalls nie gegeben hat.
"Zu Beginn des 19. Jahrhunderts, als Vorarlberg einige Jahre lang zum Königreich Bayern gehörte, verursachte die Frage nach der künftigen Nutzung des Schlosses Bludenz einen schweren Konflikt. Die Freiherren von Sternbach als Besitzer des repräsentativen Gebäudes hoch über der Stadt versuchten damals mit allen Mitteln zu verhindern, dass das neu geschaffene Landgericht Sonnenberg dort seinen Amtsitz einrichtete beziehungsweise auf Dauer behielt. Um ihre privaten Rechte zu untermauern, betrieben sie auch eine Umbenennung der seit jeher nach Bludenz benannten Baulichkeit in ein „Schloss Gayenhofen“, was eine stärkere Distanz zur gleichnamigen Stadt und Herrschaft signalisierte." (Manfred Tschaikner Wie der Name „Gayenhofen“ nach Bludenz kam – Neue Burgennamen in Blasius Huebers Vorarlberg-Karte von 1783)
Schloss Gayenhofen. Das Schloss Gayenhofen im baulichen Ensemble mit der Laurentiuskirche wurde in den Jahren 1745 bis 1752 von Giovanni Gaspare Bagnato unter Einbeziehung des mittelalterlichen Baukörpers gebaut. Freiherr Franz Andreas Baron von Sternbach (1675–1755) gab dem neu erbauten Schloss den Namen Gayenhofen und schuf damit das Schloss am Standort der mittelalterlichen Burg von Bludenz. Johann Caspar Bagnato schloss diese Arbeit offenbar unmittelbar an seine Bauleitung beim Schloss Mainau an, welche er 1739 begonnen und nach siebenjähriger Bauzeit vollendet hatte.

Die Bezirkshauptmannschaft Bludenz war seit der Einrichtung der politischen Verwaltungsbehörden im Jahr 1868 im Schloss Gayenhofen untergebracht. Von 1929 bis Herbst 1963 stand ihr jedoch ein anderes Gebäude zur Verfügung. 1956 als viele Ungarnflüchtlinge ins Land strömten, diente es als Unterkunft für die Asylsuchenden. Im Jahr 1959 hat dann die Stadt Bludenz das seit 1937 in ihrem Eigentum stehende Schloss dem Land Vorarlberg mit der Bedingung zur Verwendung als Amtsgebäude für die Bezirkshauptmannschaft kostenlos übereignet.

In der Folge wurde das denkmalgeschützte Gebäude in rund dreijähriger Bauzeit umgebaut. Der Denkmalschutz hinderte das Land Vorarlberg allerdings nicht den Nordtrakt des alten Schlosses, welches bis dahin einen geschlossenen "Vierkant" mit Innenhof bildete, abzubrechen. Am 26. Oktober 1963 wurde schließlich das heutige Amtsgebäude der Bezirkshauptmannschaft Bludenz offiziell seiner Bestimmung übergeben.

Giovanni Gaspare Bagnato. Der Barockbaumeister Giovanni Gaspare Bagnato (Johann Caspar Bagnato,*13.9.1696 †15.6.1757) zählt zu den bedeutendsten Architekten jener Zeit also zwischen Elsass und Lech. Er war als Baumeister des Deutschritterordens tätig und barockisierte zahkreiche kirchliche und weltliche Gebäude. Zu Bagnatos Hauptwerken gehören das Schloss und die Schlosskirche auf der Insel Mainau, die Umgestaltung der Lindauer Marienkirche sowie die Deutschordenskommenden im schweizerischen Hitzkirche und im elsässischen Rixheim. Als Baumeister eng mit dem Dt. Ritterorden und dem Adel verbunden, vertrat er einen sich von den Vorarlberger Meistern deutlich unterscheidenden, österreichisch-böhmisch geprägten höfischen Stils.

Geboren wurde er in Landau (Pfalz) als Sohn eines italienischen Gast-Bauwerkers. Bagnatos Mutter, Anna Maria Stickelmeyer, war eine Einheimische. Das Bürgerrecht erwarb er sich 1729 durch Heirat mit der Ravensburgerin Maria Anna Walser, die einem angesehenen Bürgergeschlecht entstammte. Am 15. Juni 1757, gerade 60, verstarb er auf einer Reise zur Insel Mainau, wo er die Schlosskirche Maria baute.

So erfolgreich seine umfangreiche Arbeit war, so wenig schien ihm sonst das Glück hold gewesen zu sein. Der älteste, als Nachfolger vorgesehene Sohn, sei kriminell geworden, seine Frau untreu. Schließlich war er ja bei den damals zur Verfügung stehenden Verkehrsmittel auch weitläufig und wohl dauernd unterwegs, worunter wohl Erziehung und Familie gelitten haben mussten. Zudem litt er an Gicht, was das lange Reisen umständlicher und unbequemer machte.

Mag. Dr. Manfred Tschaikner. Manfred Tschaikner wurde 1957 in Bludenz geboren und wuchs in Feldkirch und Dornbirn auf. Er maturierte 1975 am Bundesgymnasium Dornbirn und begann nach dem einjährig-freiwilligen Präsenzdienst 1976 an der Universität Innsbruck Germanistik und Geschichte zu studieren. Nach der Sponsion und Lehramtsprüfung 1982 unterrichtete er in Innsbruck und von 1983 bis 2002 als begeisterter Pädagoge am Bundesgymnasium Bludenz. Er zählte zu jenen Mittelschullehrern, die sich neben dem Lehramt auch um die Forschung bemühten. Aufgrund einer Dissertation über die Hexenverfolgung in Vorarlberg wurde der Historiker 1992 von der Universität Innsbruck zum Doktor der Philosophie promoviert. Inzwischen hat Tschaikner mehrere Bücher und wohl über 200 wissenschaftliche Beiträge veröffentlicht. 2002 wechselte er ins Vorarlberger Landesarchiv nach Bregenz, wo er sehr engagiert und erfolgreich die Abteilung "Historisches Archiv" leitet. 2008 wurde ihm die Lehrbefugnis für das Fach Österreichische Geschichte an der Universität Wien erteilt. Sein Forschungsschwerpunkt bildet neben der allgemeinen Regionalgeschichte das frühneuzeitliche Hexenwesen Westösterreichs, Liechtensteins und der Ostschweiz, wo er international als Kapazität geachtet wird.



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