Dienstag, 23. Mai 2023

[ #Nenzing ] Frühneuzeitlicher Bergbau im Nenzinger Himmel


Der Raum von Tirol, Südtirol, Salzburg und Vorarlberg zählte einst zu den bedeutendsten Bergbauregionen Europas. Schon während der Bronzezeit und Eisenzeit erreichte der Bergbau in diesen Gebieten einen bemerkenswerten Höhepunkt.

Bartholomäberg. Dieses Gebiet gehört zu den ältesten urkundlich erwähnten Bergbaugebieten im Alpenraum. Die ältesten noch erhaltenen Urkunden stammen aus der Zeit Ludwigs des Frommen aus den Jahren 814 und 820 n. Chr. Neben einer Vielzahl von teils neu entdeckten Dokumenten spielt auch das churrätische Reichsurbar, das bischöfliche Einkünfteverzeichnis aus dem Jahre 842 n. Chr. eine bedeutende Rolle. Darin wird erstmals direkt auf den Eisenerzabbau hingewiesen. Um 1550 nimmt die Bergbautätigkeit im Montafon dramatisch ab. Die Konkurrenz ertragreicherer Bergwerke brachten den heimischen Bergbau kurz nach 1600 weitgehend zum Erliegen.

Sonnenberg. Wie im Montafon kam im Spätmittelalter und in der frühesten Neuzeit auch in der Herrschaft Sonnenberg, die sich vom Arlberg bis vor die Tore Feldkirchs erstreckte, dem Bergbau hohe Bedeutung zu. Streitigkeiten um entsprechende Rechte an der Grenze zu Tirol und im Klostertal trugen nicht zuletzt dazu bei, dass das Territorium 1474 an Österreich fiel. Die Grafen von Sonnenberg gerieten mit Herzog Sigismund dem Münzreichen von Tirol wegen Hoheitsrechten im Bergbau am Arlberg und Christberg in Streit. Im Frühjahr 1473 belagerten Habsburger Söldner das Schloss Sonnenberg, eroberten und verbrannten es. So wurde die Burg zerstört und seither nicht wieder aufgebaut. 1474 verzichteten die Grafen Sonnenberg auf ihr Land zugunsten der Habsburger.

Gamperdonatal. Es gibt eine Reihe von Dokumenten, Quellen und Flurnamen, welche auch auf den Erzabbau im Gebiet rund um Nenzing verweisen. Der „Eisenberg“ von Bürs ist bereits in einer Urkunde aus dem Jahr 1355 bezeugt. Unweit davon wurde auch auf dem heutigen Gemeindegebiet von Nenzing Bergbau betrieben.

Dr. Manfred Tschaikner vom Vorarlberger Landesarchiv hat im Tiroler Landesarchiv besondere Urkunden über den Nenzinger Himmel aufgestöbert. Darin heißt es nämlich, dass im Mittelalter dort Eisenerzabbau getätigt wurde und dass dies im Jahr 1577 wieder aufgenommen werden sollte. Dass im Galinatal früher Eisenerz gewonnen wurde, ist in der Literatur bekannt, für Gamperdond ist dies aber tatsächlich neu. Einen längeren Artikel über diese beiden Nenzinger Bergwerke veröffentlicht Dr. Tschaikner in den Bludenzer Geschichtsblätter (Download siehe unten).

Der „ganng eines eysen ärzts in der Nennzinger albm im Gamperthan“. Bei der von Erzherzog Ferdinand unterschriebenen Urkunde von 1577 verleiht er die Schürfrechte in der Herrschaft Sonnenberg an die beiden Bludenzer Hans Sepp und Lukas Felix und einer Gruppe von Mitinteressierten. Dabei kommt eben auch der „ganng eines eysen ärzts in der Nennzinger albm im  Gamperthan“ zur Sprache, das wieder aufgenommen werden solle. Wann hier Abbau betrieben wurde, lässt sich nicht mehr sagen, gehörte doch das Alpgebiet von Gamperdond ab der Schafbrücke bis 1515 zur Herrschaft Vaduz. Das gewonnene Eisen wurde daher über das Bettlerjoch und Steg/Malbun nach Vaduz gebracht. Wir finden auch keine Hinweise auf Erzabbau hier in den mündlichen Erzählungen der Nenzinger Bevölkerung wie bei den Sagen im Galinatal. Bei dieser Urkunde von 1577 finden wir jedenfalls den Zusatz, dass dort „in anngen jarn her nit gearbait noch vil weniger belehnet worden sei.

Univ.–Doz. Dr. Mag. Manfred Tschaikner.   Manfred Tschaikner wurde 1957 in Bludenz geboren und wuchs in Feldkirch und Dornbirn auf. Er maturierte 1975 am Bundesgymnasium Dornbirn und begann nach dem einjährig-freiwilligen Präsenzdienst 1976 an der Universität Innsbruck Germanistik und Geschichte zu studieren. Nach der Sponsion und Lehramtsprüfung 1982 unterrichtete er in Innsbruck und von 1983 bis 2002 als begeisterter Pädagoge am Bundesgymnasium Bludenz. Er zählte zu jenen Mittelschullehrern, die sich neben dem Lehramt auch um die F

orschung bemühten. Aufgrund einer Dissertation über die Hexenverfolgung in Vorarlberg wurde der Historiker 1992 von der Universität Innsbruck zum Doktor der Philosophie promoviert. Inzwischen hat Tschaikner mehrere Bücher und wohl über 200 wissenschaftliche Beiträge veröffentlicht. 2002 wechselte er ins Vorarlberger Landesarchiv nach Bregenz, wo er sehr engagiert und erfolgreich die Abteilung "Historisches Archiv" leitet. 2008 wurde ihm die Lehrbefugnis für das Fach Österreichische Geschichte an der Universität Wien erteilt. Sein Forschungsschwerpunkt bildet neben der allgemeinen Regionalgeschichte das frühneuzeitliche Hexenwesen Westösterreichs, Liechtensteins und der Ostschweiz, wo er international als Kapazität geachtet wird.


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