Die vorliegende und als PDF-Download zugängliche Arbeit "Geschichte des Naturschutzes in Vorarlberg. Eine Betrachtung aus ökologischer Sicht" ist ein Bericht, der im Auftrag des Vorarlberger Naturschutzrats erstellt wurde (Vorsitz: Univ.-Prof. Mag. Dr. Georg Grabherr, Recherche und Bearbeitung: Maria Aschauer, Redaktion: Markus Grabher, Ingrid Loacker).
ZUSAMMENFASSUNG. Er gibt einen Einblick in die Geschichte des Vorarlberger Naturschutzes, erhebt aber keinen Ansprch, eine umfassende und vollständige Darstellung zu sein. Im Landesarchiv lagern noch unberücksichtigte Akten. Nichtsdestotrotz ist die Darstellung sehr umfassend, Die Aktualität und Vollständigkeit begrenzt sich naturgemäß auch mit dem Veröffentlichungsdatum (7. Dezember 2007). Die Zusammenfassung (im Wesentlichen aus dem Bericht) gibt einen übersichtlichen zeitlichen und inhaltlichen Raster.
Anfänge. Die Anfänge des Naturschutzes in Vorarlberg nach dem Motto „Der Mensch muss die Natur vor dem Menschen schützen“ (Schwimmer 1950) fallen in die Zeit um 1900. Aber bereits davor existierten Bestimmungen, die zumindest eine gewisse Schonung der Natur zur Folge hatten. Sie entstanden allerdings überwiegend aus wirtschaftlichen Überlegungen und waren sozusagen ein „Nebenprodukt“ des Jagd-, Forst-, Landwirtschaft- und Fischereirechts. Bereits im 17. Jahrhundert wurde beispielsweise das Enziangraben geregelt, um das Vieh vor Verletzungen durch die beim Graben entstehenden Löcher zu schützen (Grabherr & Grabherr 1984).
Die ersten „echten“ Schutzbestimmungen beschäftigten sich vor allem mit der Erhaltung seltener Pflanzen, insbesondere dem Edelweiß, zu dessen Schutz 1904 ein Gesetz erlassen wurde. 1915 folgte ein Alpenpflanzenschutzgesetz, das 14 geschützte und drei schonungsbedürftige Arten behandelte. Trotzdem war in den 1920er Jahren „Pflanzenraub“ noch immer ein häufiger Verstoß gegen die Naturschutzbestimmungen. Nicht nur das Pflücken geschützter Pflanzen, sondern auch das Graben von Enzianwurzeln zur Schnapsproduktion beschäftigte Vorarlbergs Naturschützer weiterhin.
Das erste Vorarlberger Naturschutzgesetz. 1924 wurde die ehrenamtliche Vorarlberger Fachstelle für Naturschutz ins Leben gerufen und von Josef Blumrich bis 1936 geleitet. Die Hauptaufgabe bestand in der Entwicklung des ersten Vorarlberger Naturschutzgesetzes, das 1932 erlassen wurde. Kein Erfolg war Josef Blumrich hingegen bei der Ausarbeitung einer Tier- und Pflanzenschutzverordnung beschieden. Besonders der Schutz des Steinadlers löste heftige Diskussionen aus. Während sich Jagd und Fischerei vor allem gegen die Unterschutzstellung bestimmter Tierarten stellten, verhinderten Vertreter der Landwirtschaft die Ausweisung von Naturschutzgebieten. 1928 wurde ein Antrag auf die Schaffung von zwei Banngebieten – eines im Großen Walsertal und eines im Montafon – von der Bauernkammer abgelehnt. Es sollte noch bis 1942 dauern, bis im Rheindelta das erste Vorarlberger Naturschutzgebiet ausgewiesen wurde.
Nationalsozialistische Ära. 1939 erlangte das Deutsche Reichsnaturschutzgesetz, das für die damalige Zeit als vorbildlich galt, in Österreich Gültigkeit und blieb auch nach dem Ende des 2. Weltkriegs in allen österreichischen Bundesländern in Kraft. Während des 2. Weltkriegs wurde nicht nur das erste Vorarlberger Schutzgebiet im Rheindelta ausgewiesen, sondern mit der Seeuferschutzverordnung auch die Grundlage für die Freihaltung des Österreichischen Bodenseeufers geschaffen und ein 500 m breiter Streifen um alle Vorarlberger Seen vor landschaftlichen Veränderungen geschützt.
Vorarlberger Landesgesetzgebung. In Vorarlberg wurde es 1969 ergänzt durch eine Verschärfung der Strafbestimmungen, die Einführung der Naturwacht und der Regelung, die Vorarlberger Naturschau, das naturkundliche Museum Vorarlbergs, in allen naturschutzrelevanten Behördenverfahren zu hören.
Ab 1973 gab es zusätzlich zum Naturschutzgesetz ein Landschaftsschutzgesetz, das eine ganze Reihe von Vorhaben für bewilligungspflichtig erklärte. Mit einer Novellierung im Jahr 1981 wurde erstmals in Österreich ein Landschaftsschutzanwalt bestellt, der Vorarlberger Landschaftspflegefonds gegründet und der Schutz von Gletschern und Feuchtgebieten gesetzlich verankert, wobei der Schutz von „Flachmooren mit Ausnahme der Riede“ für einige Definitionsprobleme sorgte.
Eine weitere wichtige Bestimmung für die Raumplanung und den Landschaftsschutz stammt ebenfalls aus den 1970er Jahren: Mit der Verordnung der Landesgrünzone im Talraum des Rheintals und Walgaus wurden überörtliche Freiflächen festgelegt, die nicht mehr als Baugebiet gewidmet werden durften.
In den 1980er Jahren folgten das Biotopinventar, das die wertvollen Lebensräume Vorarlbergs erfasst, und Biotoppflegeprämien: 1980 wurden im Naturschutzgebiet Rheindelta erstmals „Entschädigungen“ für die naturschutzgerechte Bewirtschaftung von Streuwiesen an die Landwirtschaft bezahlt.
Die Verordnung über den Streuewiesenbiotopverbund Rheintal-Walgau aus dem Jahre 1990 war ein Meilenstein für den Naturschutz im intensiv genutzten Talraum.
Seit 1997 sind Naturschutz- und Landschaftsschutzgesetz zum Gesetz über Naturschutz und Landschaftsentwicklung zusammengefasst. Mit diesem Gesetz wird jeder „zu Natur verträglichem Verhalten angehalten“.
EUropa. Mit der EU-Mitgliedschaft Österreichs wurden die Naturschutzbestimmungen der Europäischen Union für Vorarlberg wirksam. Insbesondere das Natura 2000-Regelwerk mit der Fauna-Flora-Habitatrichtlinie und der Vogelschutzrichtlinie beeinflusst heute maßgeblich den Naturschutz. Seit Jahrzehnten umstrittene Projekte wie die Bodensee-Schnellstraße S 18 wurden dadurch unmöglich. Zugleich mussten zusätzliche Schutzgebiete eingerichtet werden.
Folgen und Wirkung. In Vorarlberg sind aktuell 455 km² (rund 17 % der Landesfläche) als Schutzgebiete ausgewiesen.
Vor allem für die ersten Vorarlberger Schutzgebiete waren nicht immer naturschutzfachliche Kriterien entscheidend. So wurde der Schlosshügel zum Naturschutzgebiet, um ein Pop- und Lyrikfestival zu verhindern. Der geschützte Landschaftsteil Rellstal-Lünerseegebiet sollte den Abbau von Gips unterbinden.
Die Ausweisung von Schutzgebieten konnte das Verschwinden gefährdeter Arten aber nicht immer verhindern. Das Moorwiesenvögelchen, eine seltene Schmetterlingsart, die noch in den 1990er Jahren in Bangs-Matschels vorkam, ist heute in Vorarlberg vermutlich ausgestorben. Auch in anderen geschützten Gebieten existieren ökologische Probleme, beispielsweise durch Veränderung des Wasserhaushaltes.
Aktuell gibt es in Vorarlberg 61 Schutzgebiete der Kategorien Pflanzenschutzgebiet, Geschützter Landschaftsteil, Landschaftsschutzgebiet, Örtliches Schutzgebiet, Naturschutzgebiet und Natura 2000-Gebiet. Darüber hinaus sind über 600 ha Streuwiesen im Talraum des Rheintals und Walgaus durch die Verordnung über den Streuewiesenbiotopverbund geschützt.
Vorarlberg ist das einzige Österreichische Bundesland, das Biosphärenparks im Naturschutzgesetz als Schutzgebietskategorie vorsieht – der Biosphärenpark Großes Walsertal existiert seit 2000. Etliche andere Vorschläge für Schutzgebiete, darunter auch die Idee eines Nationalparks in den 1970er Jahren, konnten dagegen nicht verwirklicht werden.
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Inhalt
0. Zusammenfassung 4
1. Einleitung 6
2. Die Anfänge des Naturschutzes in Vorarlberg 7
3. Erste Pflanzenschutzbestimmungen 10
4. Das Pflanzenschutzplakat 1927 – die erste Öffentlichkeitskampagne im Vorarlberger
Naturschutz 15
5. Die Vorarlberger Fachstelle für Naturschutz 17
5.1. Die Aufgaben der Vorarlberger Fachstelle für Naturschutz - Beispiele aus
der Arbeit Josef Blumrichs.20
5.2. Der lange Weg zum ersten Vorarlberger Naturschutzgesetz.25
5.3. Der vergebliche Versuch einer Pflanzen- und Tierschutzverordnung30
6. Naturschutz vom 2. Weltkrieg bis in die 1960er Jahre 39
6.1. Das Reichsnaturschutzgesetz.39
6.2. Seeuferschutz.41
6.3. Naturschutzgesetz 1969 .43
7. Entwicklung des Naturschutzes seit den 1970er Jahren 44
7.1. Das Vorarlberger Landschaftsschutzgesetz 44
7.2. Die Landesgrünzone.46
7.3. Aus dem amtlichen Naturschutz der 1970er Jahre47
7.4. Die zunehmende Bedeutung der NGO´s .52
7.5. Naturschutz im Amt der Vorarlberger Landesregierung53
7.6. Biotopinventar und Biotoppflegeprämien seit den 1980er Jahren54
7.7. Gesetz über Naturschutz und Landschaftsentwicklung 1997 57
7.8. Der Vorarlberger Naturschutzrat .58
7.9. Naturschutz und Europäische Gemeinschaft 59
8. Naturschutzgebiete in Vorarlberg 60
8.1. Entwässerung statt Schutzgebiet – die Zerstörung des Feldmooses .60
8.2. Antrag für Banngebiete in den 1920er Jahren .62
8.2.1. Schutzgebietsantrag durch Siegfried Fussenegger 62
8.2.2. Enziangraben im geplanten Schutzgebiet65
8.3. Schutzgebietsplanungen67
8.4. Vorarlbergs Schutzgebiete im Überblick73
8.4.1. Pflanzenschutzgebiete 73
8.4.2. Landschaftsschutzschutzgebiete 75
8.4.3. Naturschutzgebiete76
8.4.4. Streuewiesenbiotopverbund. 76
8.4.5. Biosphärenpark Großes Walsertal 78
8.4.6. Natura 2000 78
8.4.7. Schutzgebietsstatistik 82
9. Geschichte der Vorarlberger Schutzgebiete anhand von fünf Beispielen 83
9.1. Rheindelta 85
9.1.1. Der Einfluss des Menschen auf die Landschaft 86
9.1.2. Das Rheindelta und der Naturschutz 95
9.2. Mehrerauer Seeufer und Bregenzerachmündung 107
9.3. Schlosshügel in Koblach. 118
9.4. Bangs-Matschels 123
9.5. Rellstal 132
10. Die Vorarlberger Naturschutzgeschichte im Überblick - eine Zeittafel 144
10.1. Die Entwicklung des Naturschutzes in Vorarlberg 144
10.2. Vorarlberger Naturschutzgebiete 147
11. Ausgewählte Biografien historischer Naturschutzpersönlichkeiten 153
11.1. Johann Schwimmer 153
11.2. Josef Blumrich154
11.3. Josef Henrich 155
11.4. Siegried Fussenegger 156
11.5. Walter Krieg 157
12. Unterlagen und Literatur158